Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Zwei gegen Europa
Die italienischen Wahlgewinner Di Maio und Salvini schmieden einen politisch heiklen Koalitionsvertrag
ROM. Bei der Regierungsbildung in Italien sind die beiden populistischen Parteien auf Konfrontationskurs mit Brüssel gegangen. Vor allem ein Entwurf des Koalitionsvertrags der rechtspopulistischen Lega und der Fünf-sterne-bewegung heizte die antieuropäische Stimmung weiter an. Die Märkte reagierten am Mittwoch verunsichert auf das Dokument, in dem von Szenarien eines Euro-ausstieges und von einem Schuldenerlass die Rede ist. Allerdings betonten beide Parteien, dass der Entwurf an den entscheidenden Stellen geändert wurde.
Lega-chef Matteo Salvini erklärte, sich nicht von der Unru- he in Brüssel oder an den Märkten einschüchtern zu lassen. „Sorge in Europa, Sorge in Washington, Sorge in Berlin, Sorge in Paris: Wenn die Machtzentralen, die entschieden haben, dass unsere Kinder in Unsicherheit und Angst leben, und (...) die unsere Zukunft massakriert haben, besorgt sind, dann bedeutet das, dass wir etwas richtig machen“, sagte er. Er reagierte damit auf eine Aussage des EUMigrationskommissars, Dimitris Avramopoulos. Der hatte gesagt, er gehe davon aus, dass Italien an seiner europäischen Politik festhalte. „Italien ist ein Gründerstaat des europäischen Projekts und ich bin sicher, dass die Italiener sich zur europäischen Perspektive bekennen.“
Die Verhandlungen mit den Sternen sind derzeit in der entscheidenden Phase. Wann und ob es überhaupt eine Einigung gibt, ist unklar. Sterne-chef Luigi Di Maio sagte, er verstehe, dass „eine Regierung des Wandels“Ängste beim „europäischen Establishment“auslöse. „Mit Europa wird es den maximalen Dialog geben, aber wir werden nicht die Untergebenen einiger Eurokraten sein.“
In dem umstrittenen Entwurf geht es um die Forderung, 250 Milliarden Euro der italienischen Staatsschulden bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zu erlassen. Derzeit liegt die Verschuldung bei 2,263 Billionen Euro. Zum Euro-ausstieg heißt es, es müsse Regeln geben, die jedem Land erlaubten, die Einheitswährung zu verlassen. Italien hat eine der höchsten Staatsverschuldungen der Welt.
Damit bestätigten die Parteichefs die schlimmsten Befürchtungen in Brüssel und Berlin. Doch beide Parteien dementierten, dass der Ausstieg aus der europäischen Einheitswährung ein Thema sei. Sie erklärten, dass der Entwurf „radikal“verändert worden sei – „vor allem was Verschuldung, Euro und Einwanderung betrifft“, sagte Di Maio. (dpa)