Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Gelebte Integration in Leinefelde – Willkommen im Verein
Immer mehr Migrantenkinder trainieren Jujutsu. Bei Wettkämpfen sind sie erfolgreich
LEINEFELDE. Sie heißen Madlen und Raneen, Abdul und Florian, Oliver und Atifa. Sie wohnen in Leinefelde und Umgebung und kämpfen für den Ju-jutsu-verein der Leinestadt. Gerade sind die Sportler von den offenen Landesmeisterschaften im Sachsenanhaltinischen Zeitz zurückgekehrt, wo das Team äußerst erfolgreich teilnahm und den 3. Platz in der Vereinswertung sowie sieben Landesmeistertitel, dreimal Silber und zweimal Bronze erringen konnte.
Dieses erste Wochenende im April ist der bisherige Höhepunkt einer langjährigen und zielgerichteten Nachwuchsarbeit des Ju-jutsu-vereins, dessen Gründung in das Jahr 2002 zurückreicht. Die ersten Trainingszeiten erhielten die Kampfsportler damals unter Regie des örtlichen Judovereins, erzählt Gerald Eckert, der seit dieser Zeit den Verein führt.
Schnell wuchs die Zahl der Mitglieder auf knapp 100 an und aus der einen Trainingszeit sind inzwischen fünf wöchentliche Trainingstage mit sechs Einheiten in allen Altersklassen geworden. Dazu kommen etwa 15 Wettkampfwochenenden pro Jahr.
Seit Herbst 2015 kommen immer mehr Geflüchtete aus dem Irak, Afghanistan und Syrien zum Training. Wenigstens 30 Kinder und Jugendliche meldeten sich seither an, sagt Eckert, von denen einige schon wieder weiter gezogen sind, aber 20 sind in Leinefelde als anerkannte Flüchtlinge geblieben und betreiben weiterhin den Kampfsport in der Leinestadt.
Gerald Eckert und seine Übungsleiter haben es von Anfang an abgelehnt, eigene Trainingsgruppen für die Neuen zu eröffnen und stattdessen auf die integrierende Kraft einer gemeinsamen Trainingsarbeit gesetzt. „Wonach hätten wir sie denn auch trennen sollen?“, fragt er, „da waren syrische Kurden und irakische Christen neben Muslimen, die sich aber auch in Schiiten und Suniten unterschieden. Bei uns trainieren alle Kinder zusammen und kommen prima miteinander aus.“Das liegt auch an der familiären Atmosphäre im Verein, wo Vorstand, Trainer, Trainerhelfer, Betreuer und ihre Familien sich engagiert in ihrer Freizeit für den Sport einsetzen.
Vereinsvorsitzender Eckert und seine Trainer reagierten schnell, als die Flüchtlinge kamen. Sie öffneten den Verein für eine zeitlich befristete Mitgliedschaft und nahmen an Workshops zur Integration teil, sodass sie heute eine zertifizierte Ausbildung zum Integrationslotsen vorweisen können.
Im Frühjahr 2017 hat der Verein begonnen, die ausländischen Kinder mit zu Wettkämpfen zu nehmen. Inzwischen besteht das Vereinsleben nicht mehr nur aus Training und Wettkampf, sondern auch aus gemeinsamen Ausflügen.