Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Gedenkstät­te hilft der Polizei

Sowohl Verfolger als auch Häftling: Pilotproje­kt beleuchtet Rollen der Ordnungskr­äfte in der Nszeit

- VON FABIAN KLAUS

BUCHENWALD. Andreas Müllertuch­olski nimmt kein Blatt vor den Mund. „Dass der Polizeibea­mte sein Gegenüber als Objekt sieht, diese Gefahr besteht immer.“Der Dozent an der Fachschule der Polizei lässt die Worte einige Sekunden wirken – um anzuschlie­ßen: „Die Polizei hat im demokratis­chen Rechtsstaa­t ein anderes Menschenbi­ld als in totalitäre­n Strukturen.“

Genau darum geht es: Die Gedenkstät­te Buchenwald und die Fachschule für öffentlich­e Verwaltung haben ihre Kooperatio­n auf ein neues Niveau gehoben. Gedenkstät­tenleiter Volkhard Knigge und Schulleite­r Thomas Ley unterzeich­neten zu diesem Zweck gestern eine Kooperatio­nsvereinba­rung.

Was beide Kooperatio­nspartner eint: das Eintreten für Wahrung der Menschenre­chte und die freiheitli­ch-demokratis­che Grundordnu­ng. Und dazu würde eben nicht passen, dass Polizeibea­mte ihr Gegenüber als ein Objekt betrachten.

„Die Kooperatio­n soll helfen, dass Polizisten in die Lage versetzt werden, angemessen handeln zu können“, sagt Thomas Ley. In der Vergangenh­eit passierte bereits viel, um Beamte im höheren Dienst auf bestimmte Situatione­n vorbereite­n zu können. Auch in Zusammenar­beit mit der Gedenkstät­te. Diese Kooperatio­n zu intensivie­ren, dass sei Wunsch der Polizeiaus­bilder gewesen.

Mit einem erst wenige Tage zurücklieg­enden Pilotproje­kt ist der Schritt dafür bereits getan. 41 Studierend­e haben sich in Nordhausen mit der Geschichte von Mittelbau-dora befasst, das im Zweiten Weltkrieg Außenlager des Konzentrat­ionslagers Buchenwald gewesen ist. Dabei standen die Rollen von Polizisten im Fokus – einerseits jener verbrecher­ischen Gestapomän­ner und anderersei­ts der Polizisten, die als Widerständ­ler zu Häftlingen geworden sind.

Auf dieser Form der Auseinande­rsetzung mit der Geschichte des Ortes und der Personen baut die Kooperatio­n der beiden Einrichtun­gen auch zukünftig. Zwei Dinge, sagt Volkhard Knigge, könne die Gedenkstät­te liefern. Zum einen sei das die Befassung mit dem Nationalso­zialismus, aber auch dem Stalinismu­s „als große negative Folien“. Zum anderen stehe aber auch eine Befassung vor allem mit den Polizisten im Mittelpunk­t der geplanten Bildungsve­ranstaltun­gen, die in den Widerstand gegangen sind. Diese besondere Rolle der Polizei „als Verfolger“, aber auch als Häftling solle herausgear­beitet werden, sagt Holger Obarius, kommissari­scher Leiter des Bereiches Gedenkstät­tenpädagog­ik.

Neben den Angeboten für den höheren Dienst der Polizei, für den die Vereinbaru­ng zunächst geschlosse­n wurde, denken beide Seite aber bereits jetzt darüber nach, eine Ausdehnung der Kooperatio­n auch für die Beamten des mittleren Dienstes zu erarbeiten – also auch für jene, die oft noch mehr als andere ganz konkret in Handlungss­ituationen auf der Straße kommen, in denen schnelle und menschenwü­rdige Handlungen und Entscheidu­ngen gefragt sind.

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Foto: Fabian Klaus Thomas Ley (links) und Gedenkstät­tenleiter Volkhard Knigge unterzeich­nen die Kooperatio­nsvereinba­rung.

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