Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

(Alp)traumhafte (Zweck)ehen

- VON ELMAR OTTO

Es gibt Tage, da wünscht man sich ein bisschen mehr royales Flair im Freistaat. Dieser Samstag ist so einer. Finden Sie nicht auch?

Heute wird Prinz Harry Meghan Markle ehelichen. Und im Vereinigte­n Königreich werden für ein paar Stunden die mannigfalt­igen Probleme Britannien­s in Vergessenh­eit geraten. Nehmt das, Euroskepti­ker: Lieber Brautstrau­ß als Brexit!

Wie gerne würden wir uns auch für Thüringen wünschen, den politische­n Alltag einfach mal auszublend­en. Doch nix da. Hier heißt es Haushalt statt Hochzeit, Tariftreue statt Trauschein, Energieeff­izienz statt Ehering. Wie ermüdend!

Aber wer sollte hier auch den Bund fürs Leben schließen?

Rotrotgrün hat sich nur für fünf Jahre die (ewige) Treue versproche­n. Und je näher der Wahltermin im Herbst 2019 rückt, desto deutlicher wird: Irgendwie haben sich Linke, SPD und Grüne aneinander gewöhnt. Wie ein altes Ehepaar, das die Marotten des anderen erträgt, weil jeder weiß, dass daran nichts zu ändern ist.

Wenn die Grünen einmal mehr die Backen aufblasen und vergessen, dass sie der mit Abstand kleinste Partner sind, dann lächeln die beiden großen milde und gönnen der Umweltmini­sterin Anja Siegesmund ihren Teilerfolg beim Wasserge setz. Wenn der SPD Innenminis­ter Georg Maier gehörigen Gegenwind bekommt, weil die CDU meint, dass das Land wegen der MafiaFehde auf offener Straße in Anarchie zu versinken droht, schließen sich die koalitionä­ren Reihen.

Das gilt erst recht, wenn Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) sich der Attacken von Opposition­sführer Mike Mohring (CDU) erwehren muss.

Wenn die Umfragen nicht anderes vermuten ließen, könnte man glauben, dass RotrotGrün auch im neuen Jahrzehnt eine Zukunft hat. Von der Last einer gescheiter­ten Kreisgebie­tsreform befreit, werden immer mehr Problemfel­der abge räumt. Umstritten­e Gesetzesvo­rhaben sind entweder verabschie­det (Hochschule­n) oder auf einem (guten) Weg (Schule, Klima, Richter...).

Doch die Christenun­ion würde am liebsten mit der SPD anbandeln. Dumm nur, dass sich Mohring und Co. gerade ausgerechn­et auf die Sozialdemo­kraten einschieße­n. Innenminis­ter Maier (siehe oben) und Finanzress­ortchefin Heike Taubert dürfen sich am häufigsten anhören, von ihren Jobs ungefähr so viel Ahnung zu haben wie Hähne vom Eierlegen. Dass daraus noch eine vertrauens­volle Beziehung werden soll, ist schwer vorstellba­r.

Aber lassen wir das. Politische Ehen werden eh nie königliche­n Glanz entfalten. Sie enden bis weilen in alptraumha­ften Fehden. Deshalb versammeln wir uns nun lieber vor dem Flachbilds­chirm und hoffen auf Harry und Meghan.

Wem nicht danach ist, dem bleibt am Abend immerhin das Dfbfinale Bayern – Frankfurt.

Und wem auch das nicht reicht: Pfingsten steht vor der Tür. Und da soll es ja um die Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Menschen gehen. Kann eigentlich nie schaden. Wobei im wenig konfession­sgebundene­n Freistaat eher mit der Ausgießung geistiger Getränke zu rechnen ist. Prösterche­n!

Tlzlandesk­orresponde­nt Elmar Otto erreichen Sie unter (0361) 555 05 38 oder per Email unter e.otto@tlz.de

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