Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Das gehört in den Arzneikoffer
Wer verreist, sollte an die medizinische Versorgung am Urlaubsort denken. Selbst wenn es nur zum Wandern in die Rhön geht
BERLIN. Damit einem nichts so leicht den Urlaub vermiest, gehören ins Gepäck nicht nur Klamotten und Kosmetika, sondern auch eine kleine Reiseapotheke. Denn ob Kopfschmerzen, Sonnenbrand oder Durchfall – geht es einem nicht gut, ist es mit der Erholung schnell vorbei.
Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) rät: „Man sollte immer das Nötigste dabei haben, selbst wenn man nicht ins Ausland fliegt.“Auch bei einer Wanderung in der Rhön seien es bis zum nächsten größeren Ort oft zehn Kilometer. „Das einfach so hinzubekommen, bis zur nächsten Apotheke zu gehen, ist schwierig.“
Das Nötigste sind aus Sellerbergs Sicht ein Durchfallmittel und ein Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen. Außerdem sei etwas Verbandsmaterial sowie ein Desinfektionsmittel sinnvoll, um kleinere Wunden versorgen zu können.
Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin (CRM), empfiehlt hier beispielsweise ein handliches Wundspray, damit sich die offene Stelle nicht bakteriell infiziert. Er rät zudem zu einer niedrig dosierten Kortisoncreme als festen Bestandteil der Reiseapotheke, um eventuelle Hautreaktionen, etwa bei Mückenstichen, bremsen zu können.
Fahre man in ein Malaria-gebiet, so raten beide Experten unbedingt zu einem entsprechenden Malaria-medikament und außerdem einem guten Mückenschutzmittel. Zwar gebe es viele, auch teils günstige Präparate, die Mücken abwehren sollen, jedoch seien nicht alle wirksam.
Auch bei der Auswahl des Durchfallmittels rät Jelinek, genau hinzuschauen. „Der Wirkstoff Loperamid ist der Klassiker, der von vielen Leuten automatisch gegen Durchfall mitgenommen wird“, erklärt der Mediziner. „Aber damit sind wir in der Reisemedizin gar nicht so glücklich.“
Bei Durchfall ist es wichtig, viel zu trinken
Durch den Wirkstoff komme es zu einer Verstopfung, da der Dickdarm gelähmt werde. „Man hat dann zwar in der Tat keinen Durchfall mehr, aber potenziell den nachteiligen Effekt, dass sich Erreger, die im Darm sind und die man eigentlich loswerden möchte, dann in Ruhe vermehren können.“Er empfiehlt Präparate mit den Wirkstoffen Racecadotril oder Tanninalbuminat. Außerdem sei es bei Durchfall wichtig, viel zu trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Ergänzend sei laut der Experten mitunter auch eine Elektrolytlösung sinnvoll – gerade bei Kindern.
Was noch in die Reiseapotheke sollte, hänge stark vom Reiseverhalten und der Urlaubsdestination ab. Beim Wandern dürften natürlich Blasenpflaster nicht fehlen, so Sellerberg. Taucher bräuchten eher essighaltige Ohrentropfen gegen das Salzwasser im Gehörgang und etwas, um die Augen auszuspülen. Je nachdem, wo es hingeht, seien sogar Nadeln, Spritzen und ein Breitbandantibiotikum als Notfallmittel sinnvoll, ergänzt Jelinek. „Früher war Ciprofloxacin Standard in der Reisemedizin.“Jedoch gebe es mittlerweile sehr viele Resistenzen, weswegen heute bevorzugt Azithromycin verschrieben werde.
Sich auf die medizinische Versorgung vor Ort zu verlassen, davon raten die Experten gerade bei afrikanischen und asiatischen Ländern ab. Die eigene Reiseapotheke sei dort heute sogar wichtiger als früher. Es gebe massive Probleme mit Medikamentenfälschungen, insbesondere wenn es um Notfallmittel wie Malaria-präparate oder Antibiotika gehe. Die WHO geht davon aus, dass etwa jedes zweite Medikament gefälscht ist. Hinzu kommt die Sprachbarriere und dass Wirkstoffe in anderen Ländern häufig auch unter anderen Namen vermarktet werden.
Um die persönliche Reiseapotheke auf den eigenen Bedarf anzupassen, ist es sinnvoll, sich beraten zu lassen. ABDA und CRM bieten im Netz Checklisten an, die Reisenden einen guten Überblick verschaffen.
Wer wegen einer Krankheit oder sonstiger Beschwerden eine Dauermedikation benötigt, sollte seine Arzneimittel in großzügiger Menge einpacken. Schließlich kann es immer zu unerwarteten Zwischenfällen und Reiseverzögerungen kommen. Außerdem gehören die Medikamente laut der Experten unbedingt ins Handgepäck.
Für Medikamente wie Insulin, die kühl gelagert werden müssen, gibt es spezielle Transportboxen. „Behelfsmäßig kann man auch eine Styroporkiste und ein Kühlelement nehmen“, erklärt Sellerberg. Wichtig sei jedoch, das Element mit dem Handtuch zu umwickeln, damit die Medikamente keinen direkten Kontakt haben und so selbst gefrieren. Im Auto platziere man Medikamente am besten unter den Vordersitz. „Da ist es relativ kühl, selbst wenn das Auto den ganzen Tag in der Sonne steht.“
Bei Flugreisen ein Rezept des Arztes mitnehmen
Gerade bei Flug- und Fernreisen ist es zudem ratsam, ein Rezept oder Attest des behandelnden Arztes dabei zu haben, um den Bedarf an den benötigten Medikamenten glaubhaft nachweisen zu können. Zwar dürften aus Sicherheitsgründen grundsätzlich nur geringe Flüssigkeitsmengen an Bord von Flugzeugen mitgeführt werden, erklärt Stephanie Flick von der Bundespolizei. Ausnahmen seien jedoch etwa Medikamente und Babynahrung, die während der Reise benötigt und im Handgepäck mitgeführt werden. „Es findet dann in der Regel eine Überprüfung mit einer speziellen Kontrolltechnik statt.“Wer jedoch versuche, Schuppenshampoo als Medikament auszugeben, der käme nicht weit.