Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Schulden und soziale Wohltaten
Die Parteimitglieder von Fünf Sterne und Lega stimmen über Regierungsprogramm in Italien ab. Kritik an Euhaushaltspolitik und Stabilitätspakt
ROM. Die populistische Fünfsterne-bewegung und die rechtsextreme Lega haben am Freitag ihr Regierungsprogramm veröffentlicht, mit dem Italien finanzpolitisch auf Konfrontationskurs zur EU gehen dürfte. So wollen die künftigen Koalitionspartner die Konjunktur mit „begrenzten“schuldenfinanzierten Ausgaben anschieben und fordern eine Überprüfung der Eu-haushaltspolitik der Gemeinschaft sowie des Eurostabilitätspakts.
Den Bürgern versprechen sie ein Grundeinkommen von 780 Euro im Monat, Steuersenkungen, höhere Sozialausgaben und die Rücknahme der Rentenreform, mit der das Rentenalter heraufgesetzt werden sollte. Zur Begleichung von Schulden der öffentlichen Hand will die neue Koalition Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit ausgeben. „Es muss etwas unternommen werden, um das Problem ‚Schulden der Verwaltungen‘ bei den Steuerzahlern zu lösen“, heißt es im Koalitionsprogramm. Der Lega-wirtschaftspolitiker Claudio Borghi sagte, mit den dazu ausgegebenen „Mini-bots“könne „überall alles gekauft werden“.
Sollten die Parteimitglieder bis Sonntag ihre Zustimmung geben, könnte in der kommenden Woche die neue Regierung stehen. Offen ist noch die Kernfrage, wer die Regierung führen soll. Lega-chef Matteo Salvini sagte, er und der Anführer der Fünf Sterne, Luigi Di Maio, würden sich am Montag mit Staatspräsident Sergio Mattarella treffen. Mattarella muss sowohl dem Regierungsprogramm als auch dem Vorschlag für den Ministerpräsidenten zustimmen.
Anleger reagierten nervös auf die Pläne, deren Umsetzung Milliarden Euro kosten würde, und stießen italienische Staatsanleihen ab. Der Aktienmarkt in Mailand gab ein Prozent auf den niedrigsten Stand seit einem Monat nach. Auch der Euro verlor gegenüber dem Dollar weiter an Wert, auch wenn das Programm nicht die Forderung nach einem Austritt aus der Eurozone enthält und einige in früheren Entwürfen enthaltene sehr weitgehende Forderungen zur Schuldenverringerung nicht mehr enthalten sind.
Sollte die Regierung zustande kommen, wäre die elfwöchige Hängepartie nach der Parlamentswahl zu Ende. Die Fünf Sterne wurden bei der Wahl mit Abstand stärkste Partei. Sie brauchen aber einen Partner, um regieren zu können. Die Lega kam auf Platz drei – knapp hinter den noch regierenden Sozialdemokraten, die in die Opposition gehen wollen. (rtr)