Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Fleisch am Stiel
Ob Schaschlik oder Souvlaki: Spieße mit Fleisch und Gemüse sind immer ein Genuss und das wohl urtypischste Grillvergnügen
Warum nicht den Spieß einfach mal umdrehen? Und Wurzelgemüse grillen, Topinambur, Sellerie, dazwischen Scheiben von lila Kartoffeln. Doch der, der so etwas gerne auf seinen Kugelgrill packt, weiß selbst nur zu gut, dass der Grillspieß doch eigentlich eine Erfindung der Fleischeslust ist: Christoph Grabowski, Metzgermeister, Esskulturforscher und Blogger („Leidenschaft Fleisch“): „Die Idee, ein Tier an Spießen zuzubereiten ist vermutlich so alt wie die Entdeckung des Feuers und der Jagd – und somit wohl die ursprünglichste Art, Fleisch zu grillen.“
Grabowski verortet den Ursprung in den Ländern entlang des Kaukasus und des Balkans und verweist auf die oft improvisiert wirkende, aber effektive Grillkultur dieser Region: „Über einem ausgehobenen Erdloch werden ganze Hammel gegrillt, wobei die Drehspieße von Autobatterien angetrieben werden, da gibt es schon beeindruckende Tüfteleien.“Dem pflichtet auch Andreas Bräuer, Leiter der Erfurter Grill- und Bbq-schule bei, wobei der Grillexperte eher zeitgemäß komfortable Lösungen im Auge hat: „Wer wirklich tief ins Grillvergnügen einsteigen will und auch dementsprechend investiert, sollte über einen sogenannten Backburner nachdenken, also die Möglichkeit, die sich drehenden Spieße von hinten zu grillen.“Das verhindert etwa, dass das Fett in die Glut tropft und verbrennt. Man kennt so etwas von den Hähnchengrills am Wegesrand. Womit wir beim Grill angekommen wären. Besser gesagt auf dem Rost. Und dort setzt Andreas Bräuer auf sich in ihren Aromen ergänzende Partnerschaften: „Bratwurststücke und Trockenpflaumen, Hühnchen mit Orange, Lamm, Bacon und grüne Bohnen.“Generell wichtig sei, die recht dünnen Spieße nicht über zu heißer Flamme und überhaupt allzu direkter Hitze zu grillen: „Nur ganz zum Schluss sollten die Spieße noch ein bisschen direkte Hitze bekommen, für die Röstaromen.“
Außen kross, innen schön zart
Auch Experte Grabowski rät zu sogenanntem „Rückwärtsgrillen“. Dabei werden die Fleischstücke bei allenfalls 150 Grad unter indirekter Hitze – oder alternativ im Backofen – gegart und erst für die finalen Röstaromen wirklich gegrillt. Als Fleischeinsatz für klassisches Schaschlik oder Souvlaki kann man ruhig auch mal Innereien ausprobieren, sagt Grabowski und verweist auf die Nose-totail-bewegung und deren ethischen Grundsatz, so viele Stücke wie möglich vom Tier zu verarbeiten. Er empfiehlt ambitionierten Bbq-freunden etwa Kalbsnieren oder Kalbsbries. „Ich habe letztlich auf diese Weise Lammhoden zubereitet, absolut zartes und dennoch aromatisch nussiges Fleisch, nur der Kopf muss dazu eben ja sagen.“
Muss er aber vielleicht auch nicht. Denn zumindest Grilldozent Andreas Bräuer ist jetzt schon beim Dessert angekommen: „Man könnte auf dem Drehspieß ja etwa einen Baumkuchen zubereiten, um in der Region zu bleiben – die Möglichkeiten sind beinahe grenzenlos.“
„Grillen Sie dünne Spieße erst ganz zum Schluss über heißer Flamme.“Andreas Bräuer, Grillexperte