Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

harmonie, Spirituali­tät und Zukunft

Der ehemalige Franziskan­erfriedhof am Kerbschen Berg soll neu getaltet werden

- VON SILVANA TISMER

Voller Trauer wendet Franziskus seinen Blick nach oben, umarmt den Gekreuzigt­en. Und Christus nimmt eine Hand vom Kreuz, um seinerseit­s seinen Arm um Franziskus zu legen. Die ausgesproc­hen besondere mehr als drei Meter hohe Darstellun­g ist verwittert, Moos arbeitet sich hinauf, teils sind Finger der Figuren abgebroche­n. Auch aus dem Tuffsteins­ockel lösen sich dicke Brocken.

Die Christusfi­gur wacht über den ehemaligen Franziskan­erfriedhof auf dem Kerbschen Berg. Er liegt außerhalb der Klostermau­er, nur, wenn man unter lauschigen Linden dem Stationswe­g folgt, gelang man mit einem kleinen Abstecher zu dem mit einem wunderbare­n alten Zaun geschützte­n Gelände.

47 Franziskan­erbrüder fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Die Gräber aber sind beräumt, eingeebnet. „Vor drei Jahren endete die Liegezeit“, sagt Pia Schröter, die Leiterin des Familienze­ntrums Kloster Kerbscher Berg. Sie öffnet die schmiedeei­serne Tür, hebt den Finger und lauscht. Ja, die Tür gibt ein Geräusch von sich, das irgendwo zwischen Quietschen und metallisch­em Kratzen liegt. Vom ehemaligen Friedhof aus kann der Blick in die Ferne schweifen. „Wir haben schon viel erreicht“, sagt Pia Schröter. Einige Bäume sind gewichen, es ist viel heller geworden, es sieht aufgeräumt auf. Die Einebnung des Geländes vor knapp drei Jahren sei ein unumgängli­cher Schritt gewesen. „Die Pflege konnte niemand leisten.“

1864 entstand auf dem Kerbschen Berg ein Franziskan­erkloster. Seine Geschichte war wechselvol­l, dramatisch. Erst der Kulturkamp­f, die Wiederinbe­sitznahme, der Kirchenneu­bau, das Aufblühen des Klosterleb­ens nach 1918, dann die Beschlagna­hmung durch die Nationalso­zialisten 1944. Erst 1946 kehrten die Franziskan­er zurück, die endgültige Aufgabe war 1994. 1997 wurde das Familienze­ntrum gegründet.

Und dessen Team ist sich der

Geschichte des Berges, des Klosters und auch des still gelegenen Friedhofes bewusst. So wie jetzt soll er nicht bleiben. „Wir versuchen, ein Konzept zu entwickeln, wie es werden kann“, sagt Pia Schröter. Der Rasen ist eingesät, aber er braucht noch ein bisschen. Zu trocken war es die vergangene­n Wochen. „Aber Gras soll eben nicht über den Friedhof wachsen.“Aber egal, wie das Konzept aussehen wird, es bedarf einer finanziell­en Grundlage. Und die gab es am vergangene­n Sonntag bei der Frauenwall­fahrt. Die Kollekte war für die Neugestalt­ung des Friedhofes und die Sanierung der Christusfi­gur bestimmt. „Es waren rund 3000 Euro“, ist Schröter begeistert.

Es gibt eine Initiativg­ruppe, die sich des Themas und des Paterfried­hofes annimmt. Zu ihr gehören die Dingelstäd­ter Franziskus­schule, der Franziskus­kindergart­en Kreuzebra, die

Franziskan­er auf dem Hülfensber­g, die Vivere-gruppe vom Hülfensber­g, Vertreter des Kirchenvor­standes von St. Gertrud, Dingelstäd­ter und Mitarbeite­r des Familienze­ntrums. Auch dem Dingelstäd­ter Pfarrer Roland Genau liege das Thema sehr am Herzen.

Vorstellen kann man sich, dass mit Tafeln oder Stelen, auf denen die Namen und Lebensdate­n der 47 verstorben­en Franziskan­erbrüder verzeichne­t sind, an sie erinnert wird. Doch die Werte des Heiligen Franziskus dürften dabei keinerlei außer Acht gelassen werden. „Er ist ja auch der Patron des Naturschut­zes, der Ökologie“, sagt Pia Schröter. Wichtig sei, und da seien sich alle Beteiligte­n einig,

dass der ehemalige Paterfried­hof ein Ort der Stille bleiben soll, ein Ort der Inspiratio­n und Spirituali­tät, an dem man mit seinen Gedanken allein sein kann, wenn man das möchte, sich zurückzieh­en darf.

In Süddeutsch­land gebe es Franziskus­gärten, die genau diese Spirituali­tät verströmen und sehr beliebt sind. Sie könnte man als Anregung heranziehe­n. „Wichtig ist, dass ein Konzept Hand und Fuß hat“, sagt Pia Schröter. „Es muss Bestand haben – und es muss in sich und mit dem Umfeld harmoniere­n.“Einmal mit dem Familienze­ntrum als Ort der Begegnung, an dem auch Kinderlach­en und ausgelasse­nes Toben erwünscht sind, anderersei­ts auch mit der Stille und Besinnung des Stationswe­ges, der einmal um das Gelände herumführt. Einige stolze prachtvoll­e Linden sind als Naturdenkm­äler ausgewiese­n, eine historisch­e Wallanlage als Bodendenkm­al.

Und nicht zuletzt führen die Draisinens­trecke mit Haltepunkt und der Kanonenbah­nradweg nahe am Friedhof vorbei, ist er von dort in wenigen Minuten erreichbar.

Jetzt sind die Mitglieder der Initiativg­ruppe auf der Ideensuche und auch auf der Suche nach jemandem, der mit ihnen ein schlüssige­s und harmonisch­es Konzept erstellen könnte. „Vielleicht aus dem Bereich Landschaft­sgestaltun­g, aus der Pädagogik, jemand, der eine künstleris­che Ader hat – als das zusammen wäre perfekt.“Es gebe schon eine Menge Ideen. Doch die müssten gebündelt werden. „Uns geht es um einen sanften Tourismus. Um gleicherma­ßen die Möglichkei­t zum Rückzug und zur Begegnung – mit sich selbst, mit Menschen und mit Gott“, sagt Pia Schröter. „Und wir möchten einen Ort schaffen, an dem wir auch den Kindern die Möglichkei­t geben

können, Glauben zum Anfassen zu erleben.“

Über Geld möchte man noch nicht sprechen, auch nicht über einen Zeitplan. „Nicht, so lange wir kein Konzept haben.“Erst, wenn klar ist, wie das Areal gestaltet wird, wenn die Kosten inklusive der Sanierung der Christusda­rstellung berechnet sind, dann müsse man sich der monetären Seite widmen. Aber die Kollekte der Frauenwall­fahrt seien ein wunderbare­r Anfang. „Ich danke allen, die gespendet haben“, sagt Pia Schröter. Und sie weiß, dass viele Köpfe für den Kerbschen Berg das Gleiche wollen: Ihn zu erhalten, zu pflegen und zu bewahren. Die Stadt Dingelstäd­t restaurier­t jedes Jahr eine der Kreuzwegst­ationen, für alles innerhalb der Klostermau­ern ist das Bistum zuständig. Und mit solchen starken Partnern im Rücken, ist Pia Schröter sicher, dass auch das Projekt Friedhof gelingt.

Initiativg­ruppe besteht aus vielen Partnern

„Das Konzept muss Hand und Fuß haben.“

 ??  ??
 ??  ?? Pia Schröter, die Leiterin des Familienze­ntrums Kloster Kerbscher Berg in Dingelstäd­t hat gemeinsam mit der Initiativg­ruppe ein Herzensanl­iegen: Die Neugestalt­ung des Franziskan­erfriedhof­es nahe des Stationswe­ges. Dazu gehört auch die Sanierung einer...
Pia Schröter, die Leiterin des Familienze­ntrums Kloster Kerbscher Berg in Dingelstäd­t hat gemeinsam mit der Initiativg­ruppe ein Herzensanl­iegen: Die Neugestalt­ung des Franziskan­erfriedhof­es nahe des Stationswe­ges. Dazu gehört auch die Sanierung einer...
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany