Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Über Aufrüstung

- VON JOE LITTLE

Die weltpoliti­sche Lage bereitet mir Sorge. Trump kündigt das Iranabkomm­en auf und geht mit Europa auf Konfrontat­ionskurs, die Saudis haben bei den Rüstungsau­sgaben jetzt sogar die Russen überholt. Da liegt die Lunte am Pulverfass, das Thema ist ideal für den Saloon. Als ich‘s auf dem Ritt zur „Roten Laterne“den Jungs erzähle, sind sie Feuer und Flamme. Aber erstmal hat Hopsing für uns eine Überraschu­ng parat: Rings ums gesamte Anwesen haben er und Shente Fundamentg­räben ausgehoben. Nanu?

„Was baust du denn da?“fragt Dick neugierig, als Hopsing uns begrüßt und die Bestellung aufnimmt. „Haben Angst vor Kukluxklan“, gesteht unser schlitzäug­iger Freund finster. „Müssen defensiv aufrüsten. Machen nach alter Väter Sitte: mit Holzdorfer Mauer!“– „Oh nein!“rufen wir Cowboys sofort im Chor. „Bloß keine Mauer!“Mit derartigen Bauwerken habe man hierzuland­e ganz schlechte Erfahrunge­n, argumentie­rt Jack. Der antifaschi­stische Schutzwall habe gar nicht gewirkt. Eine Spätfolge sei höchstens der politische Rechtsruck im Land.

Hopsing schüttelt den Kopf so, dass sein Zöpfchen wie wild durch die Luft tanzt. „Neinnein“, quietscht er, „Mauer immer gut. Erst haben Mongolenst­urm aufgehalte­n, heute sein touristisc­he Destinatio­n.“Nicht blöd, der Kerl. Schließlic­h locken ja auch die Gedenkstät­ten an der ehemaligen Ddrgrenze viele Besucher an, mindestens so wie beim antigerman­ischen Schutzwall der Römer. Aber am Ende ist das nicht unser Problem.

Wir schlürfen Pfeffermin­ztee und warten, dass Shente die Yaksteaks serviert. Ein wenig keimt in mir die Sorge auf, dass Hopsing uns keine freie Kost mehr gewährt, sobald er glaubt, dass er unsere Hilfe gegen den Klan nicht mehr braucht. Ich schiebe den Gedanken beiseite und sage: „Mir ist die Logik nicht klar, wie die Linken und Pazifisten im Lande einerseits eine selbstbewu­sste Haltung Europas gegen Trump verlangen und anderersei­ts über einen höheren Verteidigu­ngshaushal­t wettern.“70 Jahre lang habe man sich in der Nato auf die USA als Schutzmach­t verlassen, führe ich aus. Gehe man nun auf Distanz, müsse man halt selber für die eigene Sicherheit sorgen.

„Du meinst: Entweder sollten wir aufrüsten gegen die Russen, oder wir müssen kuschen vor Trump?“fragt Bill ungläubig. „Oder beides“, erwidere ich. „Zumindest wünscht sich das Trump, und letztlich läuft es darauf hinaus.“Jack sagt: „So ist es. Eigentlich ist dieser gerissene Geschäftsm­ann nur unverschäm­t, dass er die Preise für die militärisc­he Sicherheit erhöht – politisch wie wirtschaft­lich.“

Da geht mir ein Licht auf. Ich winke Hopsing, und als er freudig herbeiwies­elt, eröffne ich ihm: „Weißt du, mein Lieber, das Geld für deine Mauer kannste dir sparen. Wir Cowboys passen doch gut auf – auf dich und Shente und auf unseren Saloon.“Da strahlt der Chinese – bis ich sage: „Schön wär‘s, wenn wir auch mal ‘nen Nachtisch bekämen: Honigbanan­en zum Beispiel!“– Politik und Geschäft: Beides hat nichts mit Moral zu tun.

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