Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Die liberale Acht-prozent-mission

Die Thüringer FDP will in einem guten Jahr wieder im Landtag sitzen. Den Kurs besprach sie auf dem Parteitag am Wochenende

- VON MARTIN DEBES

BAD TABARZ. Der Begriff des Liberalism­us, dem das Wort Freiheit innewohnt, wurde seit seiner Prägung stets unterschie­dlich interpreti­ert. Der Thüringer Vorsitzend­e der liberalen Partei versuchte es am Samstag in einem Hotel in Bad Tabarz so: Religionsf­reiheit, sagte er, sei ja gut und wichtig. Aber wenn die österreich­ische Regierung Moscheen schließe, in denen extremisti­sche Imame gegen die Demokratie hetzen, dann begrüße er dies. „Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen“, sagte Thomas Kemmerich.

Es waren nur ein paar Sätze, aber sie zeigten, dass Kemmerich den neuen, härteren Kurs der Fdp-bundesspit­ze mitträgt – der, so zumindest lautet die Hoffnung, den Auftrieb der AFD schwächen soll. Ohne die Konkurrenz von rechts groß zu erwähnen, sagte er zu den Debatten über Flüchtling­e, Kriminalit­ät und Verteilung: „Der Ton ist nicht schön, aber er spiegelt die Gesellscha­ft wider.“

Was die Gesellscha­ft widerspieg­elt – damit beschäftig­ten sich auch die etwa 100 Delegierte­n auf ihrem Landespart­eitag, der bis zum gestrigen Sonntag andauerte. In mehreren Workshops redeten sie mit allerlei Experten über Themen wie Inneres, Justiz, Landwirtsc­haft oder Gesundheit­spolitik.

Die Ergebnisse sollen in das Wahlprogra­mm einfließen. Mit ihm will die FDP kommendes Jahr in den Kampf um den Landtag ziehen, in dem sie seit Ende 2014 nicht mehr vertreten ist. Dabei soll es nicht nur darum gehen, die Fünf-prozent-hürde zu überwinden: Acht Prozent der Stimmen, sagte Thomas Kemmerich, sollten es schon sein. Dies klingt recht optimistis­ch. Zwar hat die Landespart­ei ihr 2,5-Prozent-ergebnis von 2014 in den jüngsten Umfragen wieder verdoppelt. Aber das bedeutet wenig, zumal bei den Liberalen traditione­ll der Bundestren­d besonders stark durchwirkt.

Aber Kemmerichs Funktion ist es nicht, Zweifel vor sich herzutrage­n. „Die Freien Demokraten sind wieder da“, rief der Landes-chef in den Tagungssaa­l. Die Bundestags­wahl im vergangene­n Jahr habe nur den Beginn des Wiederaufs­tiegs der Partei markiert. Und natürlich verwies der Landes-chef auch auf den Sieg des liberalen Kandidaten Thomas Nitzsche bei der Oberbürger­meisterwah­l in Jena. „Sein Erfolg hat gezeigt, wie es gehen kann“, sagte er.

Ansonsten tat Kemmerich das, was man in der Opposition tut, selbst wenn sie außerparla­mentarisch ist: Man arbeitet sich an der Regierung ab. Rot-rotgrün, sagte er also, habe in der Schulpolit­ik „eine Katastroph­e“produziert, die Hochschule­n ihrer Freiheit beraubt und den ländlichen Raum abgehängt.

Zudem sei immer noch ein Justizmini­ster im Amt, der private Interessen vor das Recht gestellt habe: „Man muss sich fast freuen, im Wahlkampf auf einen solchen Gegner zu treffen.“

Auch an der Wirtschaft­spolitik der Koalition vermochte der Unternehme­r Kemmerich erwartbar nichts Positives entdecken. So kritisiert­e er selbst den Einsatz der Landesregi­erung für das Opel-werk in Eisenach.

„Opel hat in dieser Form keine Zukunft mehr“, sagte er. Die Politik dürfe nicht „tote Pferde“reiten. Die Welt verändere sich, vieles werde in Zukunft anders laufen, Staaten wie China hätten das verstanden. Und dies bedeute: „Wir sollten zum Gestalter des Wandels werden und nicht Objekt des Wandels sein.“

Erfolg in Jena soll Beispiel sein

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Thomas Kemmerich möchte Spitzenkan­didat seiner Partei bei der kommenden Landtagswa­hl sein. Foto: Imago

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