Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Tempel düpiert Linke-spitze
Thüringer setzt sich beinahe durch
ERFURT/LEIPZIG. Am Ende fehlten Frank Tempel drei Stimmen. Immerhin 47,81 Prozent der Delegierten wollten den Polizisten aus Ostthüringen zum neuen hauptamtlichen Geschäftsführer der linken Bundespartei machen. „Ich wusste, dass da was geht“, sagte er gestern. „Aber das Resultat hat mich dann doch überrascht.“
Mit dieser Überraschung war Tempel am Wochenende auf dem Bundesparteitag der Linken in Leipzig nicht allein. Schließlich hatte nicht nur die Bundesspitze vehement für ihren Kandidaten Jörg Schindler geworben – und gegen Tempel. Auch Thüringens Landeschefin Susanne Hennig-wellsow vertrat am Mikrofon eigens die offizielle Linie und sorgte so wohl persönlich für die knappe Niederlage ihres Landesgenossen.
Am Ende erhielt Schindler, der aus Sachsen-anhalt kommt, im zweiten Wahlgang nur ein halbes Prozent mehr als Tempel – für den das Ergebnis nur ein zusätzlicher Beleg „für die besondere Stimmung“war, die in der Partei herrscht.
Diese besondere Stimmung, die andere in Leipzig offen als Machtkampf bezeichneten, eskalierte vor dem gestrigen Abschluss des Parteitages. Bundestagsfraktionschefin Sahra Wagenknecht klagte in ihrer Rede über die Angriffe, die aus ihrer Sicht von den Bundeschefs Katja Kipping und Bernd Riexinger organisiert wurden. Wenn ihr „aus den eigenen Reihen Nationalismus, Rassismus oder Afdnähe vorgeworfen“werde, rief Wagenknecht, dann sei dies „das Gegenteil einer solidarischen Debatte“.
Als Reaktion gab es Buh-rufe, aber auch Applaus, was erneut die Zerrissenheit der Partei demonstrierte. Schon beim Leitantrag hatten sich Kipping und Riexinger in großen Teilen mit ihrem flüchtlingsfreundlichen Kurs durchgesetzt, den die Fraktionschefin für „weltfremd“hält. Bei ihrer Wiederwahl erhielten sie aber mit 64,5 und 73,8 Prozent nur mäßige Ergebnisse.