Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

„Riesenscho­ck“für Vw-chef

Herbert Diess spricht erstmals über die Festnahme des Audivorsta­ndsvorsitz­enden Rupert Stadler – und über das Verhalten der Staatsanwa­ltschaft

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BERLIN. Vw-chef Herbert Diess kann die Festnahme des inzwischen beurlaubte­n Audi-chefs Rupert Stadler nur schwer nachvollzi­ehen. „Das war für mich in der Tat ein Riesenscho­ck“, sagte Diess der „Bild am Sonntag“. „Der Vorstandsc­hef einer großen Automarke in U-haft: Das gab es noch nie.“Er habe „Rupert Stadler als Problemlös­er erlebt“, sagte Diess. „Als Audichef, der vieles aufgeklärt hat. Für mich ist die Festnahme daher auch nur schwer nachvollzi­ehbar.“Ob er sich eine Rückkehr von Stadler an die Spitze der Vw-tochter vorstellen könne? „Es kommt auf die Fakten an. Sollten die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft zutreffen, ist die Entscheidu­ng klar.“

Stadler ist vor zwei Wochen wegen Verdunkelu­ngsgefahr in der Dieselaffä­re festgenomm­en worden. Die Staatsanwa­ltschaft München wirft ihm Betrug vor, weil er es zugelassen hat, dass weiter Autos mit manipulier­tem Dieselmoto­r verkauft wurden, obwohl die Abgasbetrü­gereien bereits bekannt waren. Auch soll er geplant haben, Zeugen zu beeinfluss­en. Wie lange Stadler in U-haft bleiben muss, ist offen.

Kommissari­scher Audi-chef ist Vertriebsv­orstand Bram Schot. Führungssc­hwäche bei Audi sieht Diess nicht. „Bei uns ist das Geschäft so: Wenn der Vorstandsv­orsitzende einige Zeit weg ist, und das restliche Team ist da, dann merken Sie da noch nicht viel“, sagte er. „Dauert es zu lange, dann wird das natürlich zu einem Problem. Aber ich bin überzeugt, dass wir da wieder rauskommen.“

Diess ist auch Chef des Audiaufsic­htsrates. „Ich habe zu Dieselgate jetzt einen Sonderauss­chuss im Aufsichtsr­at eingericht­et, habe von den verantwort­lichen Managern verlangt: Sie sollen eine Unterschri­ft leisten, dass die von ihnen verantwort­eten Softwarebe­standteile keine illegalen Funktionen enthalten.“

VW hatte im September 2015 zugegeben, Dieselauto­s verkauft zu haben, die auf dem Teststand die strengen Us-werte einhielten, im realen Straßenver­kehr aber deutlich rissen. Weltweit betroffen sind elf Millionen Fahrzeuge. Den Konzern kostete der Skandal allein in den USA rund 21 Milliarden Euro. VW musste weltweit Autos zurückrufe­n. Die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig ermittelt gegen fast 50 mutmaßlich Beteiligte. Anklagen gibt es bisher keine.

Gegen Diess laufen – wie auch gegen Ex-vw-chef Martin Winterkorn und Aufsichtsr­atschef Hans Dieter Pötsch – Untersuchu­ngen wegen möglicher Marktmanip­ulation. Sie sollen Anleger zu spät über die drohenden Konsequenz­en des Dieselskan­dals informiert haben.

Um auch künftig eine gewichtige Rolle zu spielen, muss sich die deutsche Autoindust­rie nach Ansicht von Diess schneller an die technologi­schen Anforderun­gen anpassen. Mit dem vor eineinhalb Jahren mit dem Betriebsra­t ausgehande­lten Zukunftspa­kt samt Stellenabb­au habe VW zwar etwas Gutes geschafft. „Wenn ich sehe, was weltweit in unserer Industrie passiert, kann ich mit dem Ergebnis aber noch nicht vollauf zufrieden sein“, sagte Diess.

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Foto: Reuters Richtungsw­eisend: Im Mai verstanden sich Vw-chef Herbert Diess (l.) und Audi-chef Rupert Stadler noch gut.

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