Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Abschied vom Sachsenring?
Streit hinter den Kulissen: Am Wochenende könnte der Deutschlandgrandprix letztmals steigen
HOHENSTEINERNSTTHAL. Soll es das wirklich gewesen sein? Was immer mal wieder drohte, wird wohl traurige Gewissheit. Zumindest nach derzeitigem Stand macht die Motorrad-wm genau 20 Jahre nach ihrer Rückkehr an diesem Wochenende zum letzten Mal auf dem Sachsenring in Hohenstein-ernstthal Halt. Nicht nur die Fans hoffen, dass es vielleicht doch irgendwie weitergeht. Signale von den Entscheidungsträgern gibt es in dieser Richtung aber nicht.
Die Verhältnisse rund um den Großen Preis von Deutschland sind recht verzwickt. Die Sachsenring Rennstrecken Management Gmbh (SRM) ist seit 2012 Veranstalter. Den Vertrag mit dem Wm-vermarkter Dorna, der noch bis 2021 läuft und an keine Strecke gebunden ist, hat aber der ADAC geschlossen. Und der ADAC gab vor gut einer Woche bekannt, dass im kommenden Jahr nicht auf dem Sachsenring gefahren wird – die Nachricht lag in der Luft.
Schon im Mai hatte der ADAC den Vertrag mit der SRM gekündigt. Begründet wurde dies mit nicht erfüllten Bedingungen. Seither habe man sich „intensiv um den Verbleib des deutschen Motorrad-grand-prix auf dem Sachsenring bemüht“, teilte ein Adac-sprecher mit: „Die SRM hat den Vorschlag leider nicht angenommen.“Details wurden nicht genannt.
Kernpunkt der Ungereimtheiten ist wohl eine Bankbürgschaft in Höhe von 3,8 Millionen Euro, die die SRM beim ADAC vorweisen soll, doch es gab keine Einigung. Das bestätigte Jan Hippold, Aufsichtsratsvorsitzender der SRM. Gleichbedeutend mit dem Aus sei dies aber nicht.
„Ich gehe nicht davon aus, dass das letzte Wort schon gesprochen ist“, sagte Hippold und erklärte, dass Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer am Renn-sonntag komme. „Das wird ein Zeichen setzen.“Der Landtagsabgeordnete Hippold ist sicher, dass es vor Ort „Gespräche zur Fortführung über das Jahr hinaus“geben wird.
Die SRM steckt in Schwierigkeiten. Die enttäuschende Zuschauerbilanz aus dem Vorjahr, als statt der üblichen 200 000 Besucher „nur“164 801 kamen, sorgte für ein Minus im hohen sechsstelligen Bereich. Die roten Zahlen in Verbindung mit der üppigen Gebühr für die Dorna, die vier Millionen Euro beträgt, hat die Sorgenfalten noch einmal tiefer werden lassen.
Grundsätzlich müssen bzw. müssten alle Seiten ein Interesse daran haben, das Kultevent zu halten. Am Sachsenring geht seit 1998 weit mehr als nur ein Wmlauf über die Bühne, über mehrere Tage gibt es eine Ps-party in der Zeltstadt am Ankerberg, DJ‘S legen in der Karthalle auf, das Bier fließt in Strömen.
Und damit soll jetzt Schluss sein? Wegen schlechter Resonanz – 22 000 Fans verirrten sich 1997 an den Nürburgring – erfolgte einst der Wechsel nach Sachsen. 2011 wurden beim Rekord 230 133 Karten verkauft. Ein Abschied, ein Jahr nach dem 90. Geburtstag der Strecke, ist sicher nicht die beste Lösung. „Es ist immer eine besondere Atmosphäre“, sagte Moto3-pilot Philipp Öttl. „Der Sachsenring würde schon fehlen“, meinte Moto2fahrer Marcel Schrötter.
„Der einseitig durch den ADAC erfolgte Abbruch der Gespräche überrascht uns sehr“, teilten SRM und die Sächsische Staatskanzlei in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Man sei weiter bereit zu reden. Ab heute donnern in Hohensteinernstthal die Motoren. Spätestens am Montag, wenn auch der Letzte abgereist ist, verstummen sie. Fragt sich nur, für wie lange.