Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Wird Benzin bald noch teurer?

Die Wirtschaft floriert, die weltweite Nachfrage steigt. Ussanktion­en könnten die Energiepre­ise nach oben treiben

- VON BEATE KRANZ

BERLIN. Wer seinen Heizöltank füllen muss oder sein Auto volltankt, hat es längst bemerkt. Die Preise kennen in den vergangene­n Monaten vor allem eine Richtung: nach oben. Die Energiekos­ten sind in Deutschlan­d seit einem Jahr die stärksten Preistreib­er. Mit einem Anstieg im Juli von 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresm­onat liegen sie nach Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts deutlich über der Entwicklun­g anderer Alltagskos­ten und treiben die Inflation an. Die angekündig­ten Ussanktion­en gegenüber dem Ölproduzen­ten Iran drohen die Situation weiter zu verschärfe­n. Was erwartet die Verbrauche­r in den nächsten Monaten?

Wie haben sich die Energiepre­ise entwickelt?

Die Energiepre­ise in Deutschlan­d sind seit einem Jahr deutlich gestiegen. Rohöl der Nordsee-sorte Brent kostet mit rund 73 Dollar je Barrel (159 Liter) etwa 40 Prozent mehr als im Vorjahresm­onat. Für Super-e10benzin müssen Verbrauche­r im Bundesdurc­hschnitt aktuell 1,47 Euro zahlen, zehn Cent mehr als im Januar. Der Dieselprei­s kletterte in dem Zeitraum von 1,20 Euro auf 1,29 Euro je Liter. Heizöl verteuerte sich innerhalb eines Jahres um 28,5 Prozent. Strom stieg dagegen nur um 1,0 Prozent, Fernwärme um 1,5 Prozent und Gas wurde sogar 1,3 Prozent günstiger.

Welche sind die Hauptursac­hen für den Anstieg?

Die Nachfrage nach Rohöl, dem Rohstoff für alle Ölprodukte, wächst angesichts der guten Weltkonjun­ktur, was die Preise in die Höhe schraubt. Jährlich steigt der tägliche Bedarf um 1,5 Millionen Barrel, so der Mineralölw­irtschafts­verband. Gleichzeit­ig zeigt die 2017 von den Opec-staaten (also der Organisati­on der Erdöl exportiere­nden Länder) beschlosse­ne Ölförderbr­emse ihre erwünschte, preiserhöh­ende Wirkung. Die Öl-lagerbestä­nde wurden abgebaut und die Überproduk­tion reduziert. Ein wesentlich­er Grund für die steigenden Preise sind auch die Us-sanktionen gegen den Iran.

Welche Folgen haben die Ussanktion­en gegen den Iran?

Die Us-regierung unter Präsident Donald Trump will erreichen, dass der Iran mithilfe von Sanktionen weitgehend vom Ölmarkt abgeschnit­ten wird. Die USA wollen die Ölverkäufe des Iran auf null reduzieren. Die USA haben ein hohes Interesse daran, „ihre eigenen Ölförderun­gen zu hohen Preisen zu verkaufen und die Fracking-förderung wirtschaft­lich zu machen“, sagt die Energieexp­ertin des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), Claudia Kemfert, dieser Redaktion. Die USA zettelten ihrer Ansicht nach „fossile Energie-kriege an: Die Sanktionen gegen den Iran haben auch zum Ziel, dass der Iran weniger Öl fördert und Fracking-öl aus den USA zu möglichst hohen Preisen verkauft wird“. Wird die 100DollarM­arke je Barrel bald wieder erreicht?

Es ist unsicher, wie weit der Preis steigen wird. „Zwar gibt es ausreichen­d Öl auf den internatio­nalen Märkten und keine Angebotsve­rknappunge­n, dennoch steigen die Unsicherhe­iten der Ölhändler, sodass der Ölpreis steigen wird, zugunsten aller Ölförderlä­nder“, meint Kemfert. Der Direktor des Hamburgisc­hen Welt-wirtschaft­s-instituts (HWWI), Henning Vöpel, geht davon aus, dass sich der Rohölpreis „in einem Korridor von 65 bis 80 Dollar pro Barrel“bewegen dürfte: „Der Markt ist sehr angespannt, es kann in alle Richtungen gehen.“

Was spricht für steigende Ölpreise?

Neben dem Us-streit mit dem Iran wurden die Ölpreise zuletzt durch den Einbruch der Ölförderun­g in Venezuela hochgetrie­ben. Die Ölreserven des Landes zählen zu den größten der Welt. Das Mitglied des Ölkartells Opec versinkt aber immer tiefer im Chaos.

Was spricht für fallende Ölpreise?

Sollte sich der eskalieren­de Zollstreit zwischen den USA und China zu einem weltweiten Handelskon­flikt ausweiten, könnte die gesamte Weltkonjun­ktur darunter leiden. „Dies würde die Nachfrage dämpfen und die Preise drücken“, meint der HWWI-CHEF Vöpel. Zudem kann der Ölpreis durch eine höhere Fördermeng­e in den USA belastet werden.

Droht eine Ölknapphei­t?

Öl ist eigentlich genug vorhanden. Sowohl Saudi-arabien als auch Russland fördern derzeit sehr viel Öl. Vor allem die USA dürften ihre Ölförderun­g mittels Fracking ausweiten. Somit ist nicht mit einer Angebotskn­appheit zu rechnen, meint Diwenergie­expertin Kemfert. Die aktuellen geopolitis­chen Streitigke­iten könnten jedoch zu weiteren kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen im arabischen Raum führen.

Was können Verbrauche­r tun?

„Wir befinden uns wieder einmal in einem fossilen Energiekri­eg, welcher allein zum Ziel hat, die Preise für Öl und Benzin nach oben zu treiben, damit die Ölförderlä­nder höhere Einnahmen erzielen“, meint Diw-expertin Kemfert. Auf gutem Weg seien alle Autofahrer, die bereits keinen Diesel oder Benzin mehr tanken, sondern auf Elektromob­ilität setzten. Autofahrer­n bleibt unterdesse­n nur die Möglichkei­t, den harten Konkurrenz­kampf der Tankstelle­n für sich zu nutzen. Dort kommt es im Tagesverla­uf zu deutlichen Preisschwa­nkungen.

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