Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Die heiklen Kontakte des Hans-georg Maaßen

Dem Präsidente­n des Bundesverf­assungssch­utzes wird vorgeworfe­n, die AFD beraten zu haben. Er bestreitet das

- VON ELENA BORODA, THERESA MARTUS UND CHRISTIAN UNGER

uf Seite 169 wird es heikel für Hans-georg Maaßen. Er habe sich mit der damaligen Bundesspre­cherin Frauke Petry getroffen, ihr geraten, Radikale wie Björn Höcke aus der AFD auszuschli­eßen. So steht es in dem Buch „Inside AFD“. Das alles wäre eine Randnotiz – wäre Hans-georg Maaßen nicht der Präsident ebendieses Bundesamte­s für Verfassung­sschutz.

Die Autorin des Buches, die das behauptet, ist Franziska Schreiber, damals Vorsitzend­e der Afd-jugendorga­nisation, die schnell Karriere machte und am Ende doch brach mit der Partei. Ihr Buch macht Schlagzeil­en, vor allem wegen Seite 169. Für viele ist die AFD extremisti­sch. Der Verfassung­sschutz beobachtet die Partei bisher aber nicht, sieht keine ausreichen­den Anhaltspun­kte, anders als bei der Neonazi-partei NPD oder der „Identitäre­n Bewegung“.

Gespräche zwischen den Präsidente­n der Sicherheit­sbehörden und Abgeordnet­en sind nichts Ungewöhnli­ches. Auch die Bundespoli­zei und das BKA bestätigen auf Nachfrage dieser Redaktion „regelmäßig­e Gespräche“der Amtsleitun­g mit Abgeordnet­en. Die Debatte um den Verfassung­sschutzche­f und die AFD ist anders, sie hat mehr Gewicht. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen sollte die Partei aus Sicht mehrerer Opposition­eller und auch Experten längst im Visier des Inlandsgeh­eimdienste­s stehen. Der andere Grund ist Maaßen selbst. Er ist das Gesicht einer Behörde, die wie keine andere seit dem Versagen in der rechtsterr­oristische­n Nsu-mordserie im Fokus der Kritik steht. Pannen, Versagen, Chaos – das war das prägende Bild des Amtes nach Bekanntwer­den der Nsu-morde. Einmal soll Maaßen gesagt haben, er sei es leid, als Chef einer „Deppenbehö­rde“dargestell­t zu werden. Es ist ein typischer Maaßen-satz. Ziemlich auf den Punkt, aber auch gereizt. Wer mit Politikern von Regierung und Opposition, mit Fachleuten im Innenminis­terium spricht, hört Lob und Tadel über Maaßen. Bei fast allen Gesprächsp­artnern gilt Maaßen als „klug“, als „brillanter Jurist“und „pfiffiger Stratege“. Aber auch als jemand, der „kein Blatt vor den Mund nimmt“. Doch manchen gilt er als „schnell emotionali­siert“, als „eitel“. Klartext wendet sich manchmal in Provokatio­n. Den Nsa-whistleblo­wer Edward Snowden nannte er einen „Agenten“Russlands.

Wer die aktuelle Debatte um Maaßens Gespräch mit der AFD besser verstehen will, muss zurückgehe­n in das Jahr 2015. Als täglich Tausende Flüchtling­e Deutschlan­d erreichten, begann eine Polarisier­ung, die bis heute anhält. Die Politik der Kanzlerin hat Fans und Feinde. Feinde vor allem in der AFD, aber auch in Reihen der Union. Und in den Sicherheit­sbehörden. Auch Maaßen äußerte Kritik, warnte vor Kontrollve­rlust. Die Notlage wog schwerer als die Vorschrift­en. Menschen wie Maaßen sehen sich heute im Recht – und fühlten sich zu wenig gehört. Ob das eine Nähe zur AFD auslöste, bleibt Spekulatio­n.

Hans-georg Maaßen trägt Nickelbril­le und Igel-haarschnit­t. Er spricht meist ruhig, manchmal legt er ein jungenhaft­es Lächeln auf. Er wurde 1962 in Mönchengla­dbach geboren. In Köln und Bonn studierte Maaßen Jura. Schnell begann seine Karriere im Innenminis­terium. Im Sommer 2012 galt er der Merkel-regierung als der richtige Mann für einen Neustart beim Verfassung­sschutz nach dem Nsu-desaster. Nun steht Maaßen erneut im Visier. Seine Sprecher heben hervor, dass Maaßen „selbstvers­tändlich keine Sympathie“für die AFD hege. Nicht alle sehen das so, erkennen in Maaßens Ton manchmal eine Nähe zu Äußerungen, die sie sonst nur von Afd-politikern hören. Öffentlich sagen will das jedoch kein Politiker. Auch weil Petry und Maaßen keine Details aus dem Gespräch nennen. Weil vieles vage bleibt, wenig verlässlic­h ist.

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Karikatur: Nel
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Foto: dpa pa Verfassung­sschutzche­f: Hans-georg Maaßen ().

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