Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Stimmen der Welt
Historisches Lautarchiv zieht bald von der Humboldtuniversität ins Berliner Humboldtforum um
BERLIN. Das Lautarchiv der Berliner Humboldt-universität bewahrt über 7500 Schellackplatten mit historisch wertvollen Tondokumenten auf. Herzstück sind Aufnahmen von Kriegsgefangenen aus aller Welt, die während des Ersten Weltkriegs in deutschen Lagern interniert waren.
Vom kommenden Jahr an soll der bisher weitgehend ungehobene Schatz im Berliner Humboldt Forum zugänglich gemacht werden. „Wir erhoffen uns von dem Umzug einen Durchbruch“, sagt der Sammlungsleiter Professor Sebastian Klotz. Vor allem gehe es darum, in den Heimatländern der Gefangenen Partner zu finden, mit denen man gemeinsam die historischen und familiären Hintergründe erforschen könne.
Das Lautarchiv geht auf eine Initiative des Englischlehrers Wilhelm Doegen zurück. Er wollte „die Stimmen der Völker“für den Sprachunterricht sammeln. Die Sammlung gilt als ein Beispiel für gelungene Digitalisierung. Die Bestände sind fast durchgehend mit den neuen technischen Möglichkeiten erfasst und damit für die Nachwelt aufgehoben. Die viel schwierigere Frage wird aber sein, wie man im Humboldt Forum, dem ambitionierten neuen Museumsquartier im wiederaufgebauten Berliner Schloss, mit dem sensiblen historischen Erbe umgeht. Wem gehören die Stimmen von Gefangenen, die – womöglich unter Druck oder Gewalt – ihre „Stimmproben“abgeben mussten? (dpa)