Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Ein Fall für Schäuble
Die Bundestagsfraktionen horten Millionen
Demokratie ist uns lieb und teuer. Die Frage ist nicht, was sie kostet, sondern was sie uns wert ist. Viel. Das positive Vorurteil gegenüber dem Parteiensystem sollte uns indes nicht blind machen. Die Finanzierung der Bundestagsfraktionen ist teilweise fragwürdig.
Im Vergleich zu den Diätenerhöhungen, jedes Mal von Misstrauen begleitet, nimmt kaum einer Notiz von den Finanzen der Fraktionen. Seltsam. Den Verdacht der Überfinanzierung kann man nicht salopp vom Tisch wischen. Zu viel Geld vom Staat, keine Obergrenze für Rücklagen, die beachtliche Dimensionen erreicht haben, zu wenig Transparenz, keine Sanktionen im Missbrauchsfall – lang ist die Liste der Systemfehler. Besser wäre es, die Fraktionen würden nur klar zweckgebunden zurücklegen.
Eine Lösung ist nicht so einfach. Schreibt der Bundestag den Fraktionen vor, jedes Jahr ihre Zuschüsse auszugeben, bricht ein bekanntes Phänomen aus: das „Dezemberfieber“. Mit vorausschauendem Handeln hat es wenig zu tun. Werden die Fraktionen verpflichtet, das Geld innerhalb der Legislaturperiode auszugeben, gibt man dem Affen Zucker. Je näher ein Wahljahr rückt, desto größer ist die Versuchung, mit teuren Kampagnen indirekt jeweils für die eigene Partei zu werben.
Vor allem muss die Kontrolle so geregelt werden, dass Rückstellungen nicht zweckentfremdet werden können.
Niemand kann dem Bundestag eine Regelung abnehmen. Die Fraktionen müssen selbst die Kraft aufbringen, Systemlücken zu erkennen, zu benennen und anzugehen. Diese Diskussion anzustoßen und anzuführen, wäre eine lohnende Aufgabe für den Bundestagspräsidenten. Herr Schäuble, übernehmen Sie?