Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
„Mein Mann hält mir den Rücken frei“
Tlz-serie „Familienzeit“: Grünen-abgeordnete Pfefferlein pendelt zwischen Sondershausen und Erfurt – Gatte kümmert sich um Kinder und Haushalt
ERFURT. Als Babett Pfefferlein zu Beginn der Legislaturperiode 2015 gefragt wurde, ob sie denn jetzt auch nach Erfurt ziehe, antwortete sie mit einem deutlichen „Nein“. Und der Grund leuchtet ein: „Besonders meine Söhne haben gesagt: Niemals Mama!“, erzählt die Landtagsabgeordnete aus Sondershausen heute noch. Ihre Kinder hätten ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht aus der gewohnten Umgebung weg wollen und keine Lust haben, die Schule zu wechseln. Pfefferleins Mann, der damals einen Vollzeitjob hatte, wechselte daraufhin auf eine Halbtagsstelle und kümmert sich seither um Nachwuchs und Haushalt.
Nach leichten Anlaufschwierigkeiten klappt der Rollentausch gut. „Ohne diese Unterstützung wäre das Ganze nicht möglich gewesen. Das geht nur,
weil mein Mann mir den Rücken frei hält und ich mir nicht sofort Sorgen machen muss, wenn ein Kind krank wird“, gesteht Pfefferlein. „Wenn ich alleinerziehend gewesen wäre, hätte ich die Herausforderung sicher nicht so meistern können. Weil wir auch keine Großeltern haben, die einspringen können, hätte ich wahrscheinlich eine Nanny engagieren müssen.“
Der Beruf einer Landtagsabgeordneten ist zwar gut bezahlt (5622,93 Euro brutto monatlich), aber eben auch nicht mit einem 8-Stunden-tag abzuwickeln. Oft steht sie um 5 Uhr auf, fährt den Mann zum Frühdienst, anschließend einen Sohn in die Schule, weil es nur eine schlechte Busverbindung gibt. Zehn vor Sieben steht sie dann am Bahnhof, um in die Landeshauptstadt zu fahren.
Weil nicht selten am Parlamentssitz Abendtermine anstehen, hat sich Pfefferlein in Erfurt eine Wohnung genommen. Hinzukommen Dienstreisen ins Ausland. Wenn es geht und nicht zu spät geworden ist, pendelt sie die knapp 60 Kilometer zwischen Dienst- und Wohnort aber täglich. Der letzte Zug fährt 22.16 Uhr.
Dennoch bleibt mitunter wenig Zeit für das Familienleben. Die Söhne mussten früh lernen, selbstständig zu werden. „Was ich ein Stück weit ein bisschen bereue, ist, dass ich zu wenig Zeit habe, mal zu Hause Mittagessen zu kochen“, sagt die Grüne. Deshalb wird am Sonntag, wenn die ganze Familie beisammen ist, besonderer Wert auf die gemeinsame Mahlzeit gelegt.
Die gelernte Raumausstattermeisterin und studierte Hochbautechnikerin, die nach der Selbstständigkeit in die Jugendarbeit wechselte, ist die familienpolitische Sprecherin der Grünen-fraktion. Auf diesem Fachgebiet hat die rot-rot-grüne Koalition einiges erreicht. Allen voran: Das von der CDU eingeführte Landeserziehungsgeld wurde abgeschafft, dafür das letzte Kindergartenjahr vor dem Schulbeginn beitragsfrei gestellt. Gleichwohl, die 45-Jährige würde gern noch mindestens eine Wahlperiode dranhängen, „um die ganzen Vorhaben zu schaffen, für die fünf Jahre einfach zu kurz sind“.
Wenn sie gefragt wird, was sie vermisst im Landtag, antwortet sie: „Es fehlt die Zeit, inne zu halten.“Alles müsse schnell gehen. Als Parlamentarier sei man ein Getriebener des eigenen Kalenders, und das Menschliche bleibe auf der Strecke.
Paradoxerweise erscheinen viele Prozesse in den Augen der Bürger aber endlos zu sein. Und auch Pfefferlein bemängelt zu viele Abstimmungsrunden. „Ich kann es den Menschen nur schwer erklären, warum vieles in der Politik so lange dauert“, sagt sie.
„Was ich ein Stück weit ein bisschen bereue, ist, dass ich zu wenig Zeit habe, mal zu Hause Mittagessen zu kochen.“Babett Pfefferlein (Grüne)