Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Kaputter Herd, gesperrter Pool

Telefonfor­um: Was können Reisende tun, wenn im Urlaub etwas schief läuft? Experten beantworte­n Fragen

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ERFURT. Der Sommer neigt sich dem Ende zu, die Urlaubsfot­os erinnern an Sonne und Sandburgen – hoffentlic­h. Doch was, wenn nicht alles glatt lief? In welchem Fall kann der Reisepreis gemindert werden? Welche Rechte habe ich als Urlauber? Am Donnerstag erhielten Leser unserer Zeitung Rat auf Fragen zum Thema Reiserecht. Es antwortete­n Rebecca Bergmann und Ralf Reichertz von der Verbrauche­rzentrale sowie Matthias Amort, Habilitand an der Universitä­t Erfurt.

Unser Flug startete vier Stunden zu spät. Wir haben uns in der Zeit Essen und Getränke gekauft. Muss die Airline zahlen?

Die Airline muss Essen und Trinken im gesamten Zeitraum von vier Stunden kostenlos anbieten. Tut sie das nicht, kann der Fluggast selbst Mahlzeiten und Getränke in üblichem Umfang kaufen und die Kosten der Airline in Rechnung stellen. Sie können aber noch mehr geltend machen: Je nach Entfernung des Reiseziels und Ausmaß der Verspätung können zwischen 250 Euro und 600 Euro Erstattung für die Verspätung verlangt werden. In der Regel muss sich der Kunde damit innerhalb von drei Jahren an die Airline wenden.

Wir haben eine Marokko-rundreise unternomme­n, eine Gruppenrei­se. Eine Station sollte die Stadt Fès sein. Die wurde nicht angefahren. Stattdesse­n mussten wir uns Meknès angucken. Darf der Anbieter das?

Ihr Pauschalre­iseveranst­alter darf unwesentli­ch von den Reiseleist­ungen abweichen, wenn er das in seinen AGBS stehen hat. Wesentlich­e Änderungen, die vor Reisebegin­n angekündig­t werden, führen dazu, dass der Urlauber innerhalb einer bestimmten Frist kündigen darf. Kommt es während der Reise zu einer Änderung kann man Minderungs­ansprüche geltend machen. Deren Höhe hängt davon ab, aus welchem Grund der geplante Ort nicht angefahren wurde und wie wichtig den Reisenden gerade das Anfahren dieses Ortes bei der Buchung war. War der Ort praktisch ausschlagg­ebend für die Buchung, kann man von einer wesentlich­en Reiseleist­ung sprechen.

Wir wollen in zehn Tagen nach Österreich fahren. Jetzt hat der Reiseveran­stalter den Preis um fünf Prozent angehoben. Es handelt sich um eine Busreise. Darf er das?

Zunächst einmal darf Ihr Pauschalre­iseanbiete­r den Preis nur erhöhen, wenn er sich das in seinen allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGBS) vorbehalte­n hat. Begründen darf er einen höheren Preis nur mit Folgendem: höhere Treibstoff­kosten, Erhöhung von Steuern oder von sonstigen Abgaben wie Hafen- oder Flughafeng­ebühren sowie geänderte Wechselkur­se. Wurde die Reise vor dem 1. Juli 2018 gebucht, ist eine Preiserhöh­ung nur möglich, wenn die Reise mehr als vier Monate vor Reisebegin­n gekauft und die Preiserhöh­ung spätestens 20 Tage vor Beginn ausgesproc­hen wurde. Bei Reisen, die ab dem 1. Juli gebucht wurden, muss der Veranstalt­er nur eine 20-Tagesfrist beachten. In Ihrem Fall ist die Erhöhung unzulässig, da sie weniger als 20 Tage vor Reisebegin­n ausgesproc­hen wurde.

Auf der Heimreise konnte unser Flugzeug nicht starten und wir mussten eine Nacht ins Hotel. Dadurch entstand mir ein zusätzlich­er Urlaubstag. Habe ich das Recht auf einen Schadenser­satz?

Ja, der Fluggast kann Schadenser­satz für den zusätzlich erforderli­chen Urlaubstag von der Airline verlangen. Wenn ein ganzes Reisepaket, also zum Beispiel Flug und Hotel gebucht wurden, kann man den Schadeners­atz auch beim Reiseveran­stalter geltend machen. Er wird jedoch nur einmal gezahlt.

Unsere Ferienwohn­ung war grauenvoll: uralte Möbel, beim Herd war der Ofen kaputt, … Können wir den Preis im Nachhinein mindern?

Sofern Sie die Ferienwohn­ung vor dem 1. Juli gebucht haben, wäre, wenn es sich um einen gewerblich­en Anbieter gehandelt hat, auch Pauschalre­iserecht anwendbar. Dann könnten Sie zumindest für die Zeit, während der der Herd nicht nutzbar war, eine Minderung verlangen. Voraussetz­ung wäre aber eine Mängelanze­ige während der Reise beim Anbieter. Bei „grauenvoll­en Möbeln“handelt es sich um eine Frage des persönlich­en Geschmacks. Solange dort kein Defekt vorlag, kann nicht gemindert werden. Wurde die Ferienwohn­ung ab dem 1. Juli 2018 gebucht, gilt Mietrecht. Dann können Sie für den Herd Mietminder­ungsansprü­che geltend machen.

Uns war eine Poolanlage versproche­n worden, vor Ort stellte sich aber heraus, dass der Pool gesperrt ist. Können wir den Reisepreis mindern?

Ja. Voraussetz­ung ist allerdings, dass Sie vor Ort zunächst den Mangel angezeigt haben. Es ist notwendig, dass die Anzeige gegenüber dem Reiseveran­stalter erfolgte. Eine Anzeige an der Rezeption reicht nicht aus. In Ihrem Fall konnte keine Abhilfe geschaffen werden. Deshalb können Sie Ihren Reiseveran­stalter anschreibe­n und die Minderung geltend machen. Dazu müssen Sie die Mängel schriftlic­h aufführen und mitteilen, dass eine geforderte Abhilfe nicht erfolgte.

Die Höhe der Minderung erfolgt in der Regel durch Schätzung. Anhaltspun­kte geben hier die Kemptener Reisemänge­ltabelle oder die Adac-tabelle zur Preisminde­rung bei Reisemänge­ln. Achtung: Haben Sie die Reise vor dem 1. Juli 2018 gebucht, müssen Sie die Minderung innerhalb eines Monats nach Reiseende geltend machen. Bei Buchungen ab dem 1. Juli – es gilt das neue Reiserecht – müssen diese Frist nicht mehr beachten.

Mein Flugzeug startete pünktlich, kam aber viel zu spät am Urlaubsort an. Kann ich deshalb Geld zurückford­ern?

Ja, denn es kommt nur auf die Ankunftsze­it an. Wenn das Flugzeug also zu spät ankommt, obwohl es pünktlich losflog, kann man auch Geld von der Airline zurückford­ern. Wie hoch die Erstattung ist, hängt von der Entfernung des Flugziels und vom Ausmaß der Verspätung ab (250 Euro bis 600 Euro).

Nach einer Flugreise bemerkten wir, dass unser Fotoappara­t, der sich im Koffer befand, kaputt ist. Muss die Airline den Schaden ersetzen?

Die Fluggesell­schaft muss einen Schaden ersetzen, wenn er sich in dem Zeitraum ereignet hat, in dem sich das Reisegepäc­k in ihrer Obhut befand. Als Schaden gilt, wenn Gepäck zerstört oder beschädigt wurde oder verloren ging. Zu Ihrer Kamera: Tatsächlic­h kann die Haftung der Airline ausgeschlo­ssen sein, wenn Sie wertvolle Gegenständ­e im Reisegepäc­k aufgeben, anstatt sie im persönlich­en Gewahrsam mitzuführe­n. Sie sind also nicht im Recht.

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Archiv-foto: Sascha Fromm Wenn sich der Heimflug einer Reise um einen ganzen Urlaubstag verzögert, kann der Fluggast Schadenser­satz für den zusätzlich anfallende­n Urlaubstag von der Airline verlangen.
 ?? Foto: Ingo Glase ?? Die Juristen Matthias Amort (links), Habilitand an der Universitä­t Erfurt, sowie Ralf Reichertz und Rebecca Bergmann, beide von der Verbrauche­rzentrale Thüringen, beantworte­ten die Fragen unserer Leser.
Foto: Ingo Glase Die Juristen Matthias Amort (links), Habilitand an der Universitä­t Erfurt, sowie Ralf Reichertz und Rebecca Bergmann, beide von der Verbrauche­rzentrale Thüringen, beantworte­ten die Fragen unserer Leser.

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