Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Von der Ausleihstation zum Treffpunkt
Große und kleine Büchernfreunde feiern den 70. Geburtstag der Heiligenstädter Bibliothek mit einem bunten Programm
HEILIGENSTADT. Die größte Strafe für sie: Leseverbot! Katharina Baudisch aus Heiligenstadt, die am Sonnabend mit ihren Enkelkindern zum 70. Geburtstag der Stadtbibliothek gekommen war, erinnerte sich an ihre Kindheit und an die für sie schlimmste Anordnung ihrer Mutter, wenn sie als Schülerin ihre Pflichten nicht erfüllt hatte. Später, im Erwachsenenalter, war es für sie „immer ein Fest“, wenn sie aus Ershausen, wo sie viele Jahre wohnte, in die Kreisstadt fuhr, in ihre Bibliothek.
Auch die Heiligenstädter Gratulanten Peggy Wachsmann und Josef Dornieden mit ihren Töchtern Lotta Marie (1 Jahr) und Lea Erika (6 Jahre) fühlen sich ihrer Bibliothek verbunden.
Samstagsausleihe ist im Gespräch
So bunt wie das deutschlandweite Jahresmotto „Bibliotheken sind bunt“war am Sonnabend das Programm, das Leiterin Jana Bauer und ihre Kolleginnen Ines Höppner, Verena Link und Renate Wolf vorbereitet hatten. Zahlreiche ehrenamtliche Helfer standen ihnen zur Seite, boten zum Beispiel Kuchen an oder wuschen in der Küche das Geschirr ab.
Der ereignisreiche Tag hatte mit einer Vormittagsausleihe begonnen. Gespannt hatte das Bibliotheksteam darauf gewartet, ob sich wohl zwischen 10 und 13 Uhr Interessenten einfinden würden. Ihre Erwartungen wurden sogar noch übertroffen. „Warum macht ihr das nicht öfters so?“waren sie gefragt worden, besonders von Lesern, die es arbeitsbedingt häufig an den anderen Wochen-öffnungstagen gar nicht schaffen, die Petristraße 32 aufzusuchen. „Wir haben gestaunt über diesen Zuspruch und überlegen, einmal im Monat vormittags für eine Samstagsausleihe zu öffnen“, haben die Mitarbeiterinnen spontan erwogen.
Der Nachmittag hielt für Besucher mehrerer Generationen etwas bereit: Ronald Gäßlein aus Nordhausen, im Eichsfeld kein Unbekannter, bot Live-musik mit Gitarrenklängen und Gesang. Ebenfalls als wohlbekannter Gast nahm Märchenerzähler Andreas vom Rothenbarth aus Schwerstedt in Thüringen die Mädchen und Jungen, ihre Eltern und Großeltern mit in die Welt der Märchen. Bei „Rotkäppchen“erging die eindringliche Ermahnung an die Kleinen, es sei frech, zu seiner Oma zu sagen: „Ei Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul?“Ein aus England stammendes Märchen bewies: Wenn Fräulein Maus und Herr Kater heiraten, kann das einfach nicht gut gehen.
Mitglieder des Jugendparlamentes bedienten die Popcornmaschine oder zauberten in Clownskostümen mit den kleinen Gästen Riesen-seifenblasen. Gezaubert wurde auch am Tisch von Frederic Krieter aus Heiligenstadt. Der zehnjährige Schüler des Lingemann-gymnasiums verblüffte unter anderem mit Kartentricks. Vergeblich versuchte das Publikum, das Geheimnis zu ergründen, wie sich in einem Gefäß befindliches Salz sekundenschnell in leckere Bonbons verwandelt.
Mit selbst gebackener Torte und – passend zum Anlass – mit einem Buchgeschenk gratulierte Heiligenstadts Erste Beigeordnete Ute Althaus. Erfreut darüber, Heiligenstadts Erste Beigeordnete Ute Althaus gratulierte mit selbst gebackener Torte und mit neuer Lektüre.
im Ruhestand befindliche Leiterinnen und Mitarbeiterinnen der Bibliothek begrüßen zu können, erinnerte sie an die Entscheidung Bürgermeister Bernd Becks zu Wendezeiten, die Bibliothek unbedingt zu erhalten. Sein Nachfolger Thomas Spielmann (BI) halte ebenfalls daran fest. „Eine Bibliothek ist eine freiwillige, aber unverzichtbare Aufgabe einer Kommune“, unterstrich Ute Althaus und würdigte die Entwicklung von „einer reinen Bücher-ausleihstation zu einem Ort des kulturellen und sozialen Miteinanders“, wo die gute Zusammenarbeit mit Kindergärten und Schulen als Bildungsaufgabe
ihren festen Platz habe. Sie erinnerte daran, dass die hervorragende Arbeit der Heiligenstädter Bibliothekarinnen im Jahr 2015 mit dem Thüringer Bibliothekspreis der Sparkassen-finanzgruppe Hessen-thüringen gekrönt wurde.
Leseproben aus ihrem neuesten literarischen Schaffen präsentierten zur Abendstunde die Autoren Günter Liebergesell aus Heiligenstadt und der 15 Jahre alte Markus Hoppe aus Rengelrode. Beim Auftritt der hörenswerten Heiligenstädter Mädchenband „Schlussakkord“hatten die Musikfreunde die Wahl: mitsingen, tanzen oder einfach nur still lauschen.