Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Thüringer CDU verliert Zustimmung
Umfrage sieht Grüne auf Rekordhoch
ERFURT. Starke Verluste für die CDU, die sich im Landtagswahlkampf einen Dreikampf mit Linke und AFD liefert: Das ist das Ergebnis der neuesten Umfrage des Erfurter Insa-instituts im Auftrag der TLZ. Alle drei Parteien bewegen sich bei 22 beziehungsweise 23 Prozent. Bemerkenswert ist das Ergebnis der Grünen: Sie könnten bei der Wahl, die in einem knappen Jahr stattfinden soll, ihr bisherigen Ergebnis auf 12 Prozent verdoppeln. Damit würde sie sich auf der Höhe der SPD befinden.
Wieder im Landtag wäre die FDP. Da somit sechs Parteien im Landtag säßen, wäre eine Regierungsbildung kompliziert.
Die rot-rot-grüne Koalition käme auf 46 Prozent. Eine sogenannte Kenia-koalition aus CDU, SPD und Grünen erreichte 47 Prozent. Da alle sonstigen Parteien zusammen nur auf 3 Prozent kämen, gäbe es im Moment keine parlamentarische Mehrheit für eine Drei-parteienbündnis. Für die Umfrage wurden vom 22. Oktober bis zum n 7. November 2018 insgesamt 1000 Bürger aus Thüringen telefonisch befragt. (md)
ERFURT. Wenn die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) mit Bürgern ins Gespräch kommt, brennt denen etwas besonders auf den Nägeln: die Zukunft der Schulen ihrer Kinder und Enkel. „Im ländlichen Raum ist das das Thema. Die Menschen sind hochgradig irritiert und verunsichert“, sagt Schweinsburg, die auch Präsidentin des Landkreistages ist.
Grund der Verunsicherung sind die Pläne aus dem Kultusressort. Zwar hat man sich dort bereits ein wenig selbst korrigiert und schlägt für Grundschulen nun eine einheitliche Mindestgröße von 80 Schülern vor. Von den ursprünglich veranschlagten Plänen die in Gemeinden mit mehr als 6500 Einwohnern 160 Schüler pro Grundschule vorsahen, hat man sich verabschiedet. Dann hätten nämlich möglicherweise 72 der 315 Grundschulen dichtmachen müssen, weil sie die Eckdaten nicht erfüllten.
Doch auch so fühlen sich die Landräte im Stich gelassen. Denn der von Bildungsminister Helmut Holter (Linke) vorgelegte Gesetzentwurf sieht zudem folgendes vor: mindestens 240 Schüler für Regelschulen, 260 Schüler für Gemeinschaftsschulen und 540 Schüler für Gymnasien.
Damit würden aus Sicht der Landräte neben den Grundschulen viele weiterführende Schulen in ihrer Existenz bedroht. Besonders gebeutelt bei den Regelschulen wäre Saalfeldrudolstadt, wo sechs von sieben Einrichtungen (86 Prozent) unter den Vorgaben blieben. Im Wartburgkreis sind es 13 von 16 (81 Prozent) Regelschulen, im Altenburger Land und Hildburghausen jeweils sieben von neun (78 Prozent).
Im Altenburger Land, Saaleholzlandkreis, Saale-orla-kreis und Wartburgkreis wären drei von vier Gymnasien zu klein, im Landkreis Gotha fünf von sieben.
„Das Gesetz geht total an der Realität vorbei“, sagt Schweinsburg. Der Landkreistag hat daher erstmals eigene Vorschläge zu Papier gebracht und dem Ministerium in der vergangenen Woche zukommen lassen. Er nimmt sich dabei die Nachbarländer Sachsen und Sachsenanhalt zum Vorbild und fordert, dass eine Grundschule mindestens 15, eine Regelschule 20 und in ein Gymnasien ebenfalls 20 Schüler pro Klasse haben soll. Holters Entwurf sieht vor, dass eine Grundschulklasse mindestens 22 Schüler stark sein soll, eine Regelschule müsste 24 und ein Gymnasium mindestens 26 Schüler pro Klasse haben. „Unsere Vorschläge sind wohl ausgewogen und durchdacht. Sie sind ein guter Kompromiss“, sagt Schweinsburg.
Das wird im Ministerium anders interpretiert. In den Vergleichen mit den Nachbarbundesländern, die der Landkreistag anstelle, würden Regelungen jeweils nur Auszugsweise zitiert, ohne sie ihn ihrer Gesamtheit zur Kenntnis zu nehmen. Ein Blick in die Wirklichkeit zeige aber, dass Sachsen und Sachsenanhalt
beispielsweise sehr viel größere Regelschulen als Thüringen haben. „Im Schuljahr 16/17 hatten Thüringer Regelschulen im Durchschnitt 227 Schüler. In Sachsen-anhalt lag die Zahl bei 310, in Sachsen sogar bei 344 Schülerinnen und Schülern“, kontert ein Ministeriumssprecher die Kritik.
Auch der Spd-bildungspolitiker Thomas Hartung kann dem Vorstoß wenig abgewinnen.
„Das Land hat nicht genug Lehrer und versucht jetzt, über Straffung der Schulnetze das Problem zu unseren Lasten zu lösen.“Martina Schweinsburg (CDU)
„Wenn wir das übernehmen, würde sich nichts ändern. Das ist keine Option“, sagt er dieser Zeitung. „Damit gehen die kleinen Schulen alle kaputt.“
Der Landkreistag sieht dagegen überhaupt keine Notwendigkeit, eine Reform übers Knie zu brechen. „Das Land hat nicht genug Lehrer und versucht jetzt, über die Straffung der Schulnetze das Problem zu unseren Lasten zu lösen“, meint Schweinsburg.
Der Bildungsminister weiß selbst, dass Lehrer fehlen. Das belegt der Unterrichtsausfall. Holter will mit den Kommunalen im Gespräch bleiben, setzt auf Schulkooperationen und verweist auf seine Bemühungen: „Wir stellen in dieser Legislaturperiode so viele Lehrkräfte ein wie keine Landesregierung zuvor.“2015 bis 2017 seien es je 500 gewesen, in diesem Jahr schon fast 800 neue Lehrer eingestellt worden.
Am kommenden Dienstag soll der Schulgesetzentwurf im Kabinett behandelt werden.