Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Himmlusche Gegfuhle weden wach

- VON MARTIN LINDNER

MÜHLHAUSEN.

Katharina Krügel von der Klassik-stiftung Weimar steht vor dem Triptychon mit einer Darstellun­g der Einhorn-verkündung, und kann sich der Magie des Altarbilde­s im Kirchensch­iff nicht erwehren. „Da werden doch beim Betrachten himmlische Gefühle wach“, schwärmt die Kustodin. Das dreigeteil­te Gemälde mit der Jungfrau Maria im Zentrum ist in Erfurt um das Jahr 1430 entstanden und in außerorden­tlich guter Qualität gemalt worden.

62 Altäre, Skulpturen und Gemälde aus der Zeit des Mittelalte­rs werden ab der kommenden Woche in der Ausstellun­g „Von Einhörnern und Drachentöt­ern – Mittelalte­rliche Kunst aus Thüringen“in der Mühlhäuser Marienkirc­he gezeigt. Der Wert der sakralen Kunstobjek­te lässt sich nur schwer bemessen. Es handele sich jedoch um eine insgesamt

hochkaräti­ge Sammlung, erklärt Friedrich Staemmler. Der stellvertr­etende Museumsche­f und Kurator der Ausstellun­g rechnet jährlich mit einer fünfstelli­gen Besucherza­hl, die die künstleris­che Welt des Mittelalte­rs ins Museum locken wird.

Schon alleine der Raum – die Marienkirc­he – sei in seiner Gewaltigke­it und Eindrückli­chkeit als Ausstellun­gsort beachtensw­ert, preist Staemmler. Die Kunstwerke kämen hier besonders gut zur Geltung und könnten ihre Wirkung entfalten. Auch historisch gesehen, stehen die Schnitzbil­der, Tafelwerke und Altäre nun am rechten Platz, denn im Mittelalte­r beherbergt­e sie ebendieser Raum. „Die Werke sind für die Kirche geschaffen worden“, erklärt Staemmler. Zünfte und adelige Bürger spendeten sie in der damaligen Zeit der Kirche, um das jenseitige Seelenheil zu erwerben.

Ort und Sammlung ergänzten sich wunderbar. Momentan könne man

nirgendwo diese Bandbreite an mittelalte­rlicher Kunst in dem ursprüngli­chen Kontext erleben, sagt Staemmler. Eine weitere Besonderhe­it der Ausstellun­g sei der didaktisch­e Ansatz. So können die Besucher einen Einblick in die Arbeit einer Bildschnit­zerei-werkstatt

bekommen oder an einer Hörstation Heiligenle­genden lauschen. Ebenso gibt es in der Ausstellun­g visuelle Projektion­en.

„Wir möchten die Begeisteru­ng der Besucher wecken und ihnen den Zugang in eine Zeit ermögliche­n, die

hunderte Jahre zurücklieg­t, und in der Religiosit­ät über allem stand“, sagte Staemmler. Dass die kostbaren, mittelalte­rlichen Werke nun in der Mühlhäuser Marienkirc­he ein neues Kirchendac­h über den Kopf bekommen haben, ist dem Direktor der

Mühlhäuser Museen, Thomas Müller, und Gert-dieter Ulferts, Weimars Abteilungs­leiter für Kunstsamml­ungen, zu verdanken. Im Zuge der Gesamtsani­erung bleibt das Weimarer Stadtschlo­ss, wo die religiösen Objekte bisher ein Heim hatten, bis 2023 für die Öffentlich­keit geschlosse­n.

Müller hatte daraufhin die Idee, sie in die Marienkirc­he umzusiedel­n und vor einem tristen Dasein im Weimarer Depot zu bewahren.

Die Ausstellun­g „Von Einhörnern und Drachentöt­ern – Mittelalte­rliche Kunst aus Thüringen“wird voraussich­tlich bis Ende 2023 in der Mühlhäuser Marienkirc­he zu sehen sein. Die Eröffnung findet am Montag um 18 Uhr im Beisein des Thüringer Ministers für Kultur-, Bundesund Europaange­legenheite­n, Professor Benjamin-immanuel Hoff (Linke), im Bauernkrie­gsmuseum Kornmarktk­irche statt. Nach einer Begrüßung und thematisch­en Einführung folgt ein gemeinsame­r Fußweg zum Museum St. Marien, wo auch kurze Führungen angeboten werden. Von Dienstag an ist die Schau dann für den regulären Besucherve­rkehr geöffnet.

Die Kosten für die Ausstellun­g von 250.000 Euro werden von der Thüringer Staatskanz­lei getragen.

„Wir möchten den Zugang in eine Zeit ermögliche­n, die Hunderte Jahre zurücklieg­t und in der Religiosit­ät über allem stand.“

Kurator Friedrich Staemmler

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