Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Für Werte ist kein Platz im Lehrplan
Studie: Eltern und Lehrer finden Erziehungsziele in der Schule wichtig – die kommen aber nicht beim Schüler an
BERLIN. Was soll Schule leisten? Bei dieser Frage gehen die Meinungen weit auseinander. Das fängt schon bei den Schulgesetzen an. Während im Berliner Schulgesetz steht, dass Schüler lernen sollen, ihr Leben „im Einklang mit Natur und Umwelt zu gestalten“, soll den Schülern in Bayern die „Liebe zur bayerischen Heimat“vermittelt werden. So unterschiedlich die Werte und Ziele sind: Einigkeit herrscht zwischen Eltern und Lehrern, dass die Werte-erziehung in der Schule in der heutigen multikulturellen Gesellschaft wichtig ist. Das geht aus einer am Freitag vorgestellten Forsa-studie im Auftrag der Universität Tübingen und des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) hervor. Für die Untersuchung wurden 1111 Eltern und 1185 Lehrkräfte zu 16 Werten und Bildungszielen befragt.
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit scheint aber eine Kluft zu klaffen: Fast jeder sechste Elternteil ist der Auffassung, dass das eigene Kind in der Schule lernt, die Menschenrechte zu achten und die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern anzuerkennen. Ganz anders sieht es dagegen mit der Nähe des Unterrichts zum zukünftigen Leben aus: Nur ein Drittel der Eltern und 44 Prozent der Lehrer sind der Meinung, dass die Schüler auf ihr zukünftiges Leben in der Schule vorbereitet werden. Den Grund sehen Eltern und Lehrer in den Lehrplänen. In diesen fehle schlicht der Platz für eine Wertevermittlung. „Werte müssen erlebt und gelebt werden. Dafür braucht es weniger starre Strukturen und stattdessen mehr Flexibilität und vor allem mehr Zeit“, fordert der Vbe-bundesvorsitzende Udo Beckmann. Eltern und Lehrer sehen laut der Studie besondere Zeitfenster wie Arbeitsgruppen als Möglichkeit für die Schüler an, um Werte verinnerlichen zu können. Daher müsse sich in den Strukturen der Schulen etwas ändern, fordert Beckmann. Lehrer, Eltern und Schüler sollten gemeinsam einen Werte-kanon erarbeiten, der an der Schule gelte.