Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Das große Rätsel um Kilometer 2,6
Zwischen dem Ortsausgang Heiligenstadt und der Ankermühle gilt ab sofort strikt Tempo 50. Erneute Untersuchung der Unfallstrecke ist eingeleitet
HEILIGENSTADT. Thomas Fleischhauer hat gestern Vormittag Konsequenzen gezogen. Am frühen Morgen wurde er zu einem schweren Verkehrsunfall in die berüchtigte Doppelkurve kurz hinter dem Ortsausgang von Heiligenstadt in Richtung Geisleden gerufen. Ein 29-jähriger Renaultfahrer kam gegen 6.40 Uhr aus Richtung Geisleden und verlor in der ersten Kurve die Kontrolle. Das Auto geriet ins Schleudern und dadurch auf die Gegenfahrbahn. Dort krachte es in einen entgegenkommenden Skoda, der von einem 43Jährigen gefahren wurde. Der Renault landete auf der Wiese, beide Autos sind Schrott, die Fahrer wurden verletzt. Die Polizei beziffert den Sachschaden auf 22.000 Euro.
Keine 24 Stunden zuvor hatte es an gleicher Stelle gekracht. Gegen 8.40 Uhr war hier vorgestern ein 21-jähriger Autofahrer von der Straße abgekommen und in die Leitplanken geknallt.
„Zwei Unfälle in 24 Stunden“, sagt Fleischhauer von der Straßenverkehrsbehörde der Stadt Heiligenstadt, „sind eine kleine Serie.“Sofort hat er gestern Morgen die Unfallkommission zusammengetrommelt und zur Unfallstelle gebeten. In der Unfallkommission arbeiten er, die Polizei, die Straßenverkehrsbehörde des Landkreises und ein Ingenieur des Straßenbauamtes Nordthüringen. Das ist für die betroffene Landesstraße L 1005 zuständig. „Die Fahrbahn war leicht feucht“, sagt Fleischhauer. Die Kommission sei während der Vollsperrung zur Bergung der Fahrzeuge den gesamten Abschnitt bis zur Ankermühle abgelaufen, die ist nur 400 Meter entfernt und der nächste Unfallschwerpunkt. „Wir haben eine neue Untersuchung der Straße und der Fahrbahn angeordnet“, so das Ergebnis der Begehung.
Kurzerhand wurde beschlossen, ein neues Tempolimit zu setzen. Noch gestern Mittag wurde die Geschwindigkeit ab Ortsausgang Heiligenstadt bis hinter die Ankermühle auf 50 Stundenkilometer reduziert. Das Schild steht bereits. „Diese 50 bleibt jetzt mindestens stehen, bis die Untersuchung abgeschlossen ist und wir wissen, was die Ursache ist. Dann sehen wir weiter“, kündigt Thomas Fleischhauer an.
Im Jahr 2009 ist die Fahrbahn zwischen Geisleden und Heiligenstadt saniert worden. Doch immer wieder gab es Unfälle. Die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 Stundenkilometer vor der Doppelkurve wurde schließlich eingerichtet. Doch es nutzte nichts. Einen möglichen Grund für die regelmäßigen Unfälle vermuteten die Beteiligtenundauchdiepolizeiim Fahrbahnbelag. Sobald es regnete oder sich Reif auf die Piste legte, würde sie glatt, hieß es. „Eine Griffigkeitsuntersuchung hat dann aber ergeben, dass die Fahrbahndecke völlig in Ordnung ist“, weiß Fleischhauer.
Nach einer Unfallserie im Jahr 2015 ließ er sogar die Strecke mit einer Drohne überfliegen, ob es Probleme mit dem Lichtraum-profil geben könnte, Sonnenlicht blende oder eventuell durch Bäume und Licht ein Flackern entstehe, was störe. Aber auch hier: nichts. Bei der Begehung gestern schauten sich die Mitarbeiter der Behörden nicht nur den Belag, sondern auch die Markierungen und die Bankette an. Aufgefallen war dabei, dass in der Doppelkurve die Markierung der Mittellinie stark abgefahren war. Möglicherweise, so vermutet Fleischhauer, halten sich viele Verkehrsteilnehmer nicht an das Rechtsfahrgebot, sondern tendieren zur Mittellinie oder schnippeln gar die Kurve. Oder sind einfach zu schnell. „Manche verlassen sich auch auf die elektronischen Helferlein wie ESP, ASR, Spurassistent und ähnliches. Nach dem Motto: ,Mein Auto schafft das schon‘“, sieht Fleischhauer eine weitere Möglichkeit, warum es ständig knallt. Jetzt geht es darum, jeden Unfall nach seinen Ursachen zu durchsuchen, ob es technischer Defekt, ein Fahrfehler oder doch die Straße war. Fleischhauer will das Phänomen Unfallschwerpunkt Kilometer 2,6 endlich geklärt haben.