Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Gestürmte Rathäuser und neue Regenten
In Heiligenstadt, Worbis und Dingelstädt übernehmen die Narren die Schlüssel und eröffnen mit Überraschungen die Saison
EICHSFELD. In Narrenhand sind seit gestern die Rathäuser in Heiligenstadt, Worbis und Dingelstädt. Pünktlich wurde die fünfte Jahreszeit eingeläutet und die neuen Regenten dem Volk vorgestellt.
In Heiligenstadt hatten sich Hcv-präsident Volker Lamprecht und seine Mannen, darunter Garden und Elferrat, schon auf dem Unteren Wilhelm ordentlich in Stimmung gesungen, getanzt, geschunkelt und an die gesamte närrische Schar in Thüringen einen Gruß geschickt, bevor der Tross zum Rathaus zog. Früher als sonst trafen die Karnevalisten dort ein. Und es sollte für den Stadtchef samt Gefolge – alle nicht nur kostümiert, sondern auch maskiert – noch einige Überraschungsmomente mehr an diesem Tag geben. Der Karnevalspräsident fackelte auch nicht lange, wollte gleich von Bürgermeister Thomas Spielmann wissen, ob denn nun die Straßenausbaubeiträge gezahlt werden müssten und wohin es 2019 ins Freibad gehen soll.
Dieser hatte die Antworten sofort parat und erklärte, dass das „rein und raus aus den Kartoffeln“nicht von der Stadt komme, stattdessen aufgezwungen sei. Der Richtungspfeil zum Badbesuch wurde derweil klar nach Günterode ausgerichtet. Nicht ausgespart wurde zudem die Parksituation, wobei Lamprecht die Gelegenheit nutzte, schnell eine autofreie Stadt auszurufen.
Schrecksekunde samt cleverer Lösungen
Dann die Schrecksekunde: Rauch stieg über dem Rathaus auf. Die Feuerwehr eilte herbei, im Schepptau zwei mutige Rettungssanitäter. Die cleveren Karnevalisten wollten das Rathaus fluten lassen, hatten aber eigentlich im Sinn, möglichst ohne Gegenwehr den Schlüssel zu erhaschen. Dank der Sanitäter, die keinen Verletzten, dafür den begehrten Schlüssel auf einer Trage herausbrachten, war der Streich perfekt.
In der neuen, der 25. Jubiläumsfaschingssaison lautet das Thema der Heiligenstädter „Zurück in die Zukunft“. Und auch dafür ließ sich der HCV etwas Besonderes einfallen. In einem schmucken Auto, Baujahr 1929, wurden Prinzessin Ursula I, die 1959/60 regierte, sowie Prinzessin Helga II, die 1966/67 das Zepter schwang, vor das Rathaus chauffiert. Das waren aber längst nicht alle Hoheiten. Freuen durfte sich das Publikum auch auf die neuen Regenten, Swen I und Mandy I, die gleich das Kinderprinzenpaar Carl I und Klara I mitbrachten. Gut gelaunt ging es danach in die Stadthalle zum Feiern und Anstoßen.
Beste Stimmung herrschte auch in Worbis, obwohl dort die Tür zum Rentamt erst einmal verschlossen war. Das war allerdings kein Hindernis, denn die ersten Wipperstädter Narren, vorneweg Karnevalspräsident Thomas Rehbein, stiegen durchs Fenster direkt beim Bürgerbüro ein. Der Worbiser Carneval Club hatte sein Ziel erreicht und traf auf Stadtchef Marko Grosa. Der hatte eigentlich auch die Kaschminer aus Wintzingerode zum Sturm erwartet. Die fehlten zwar, spielten aber in der Rede des Bürgermeisters trotzdem eine Rolle. Nicht zuletzt, weil bei der jüngsten Ortschaftsratssitzung wohl stattliche 14 Wünsche kundgetan worden waren und es an Dankbarkeit mangelt.
Die Kirchohmfelder bekamen auch ihr Fett weg, denn die feiern so gern. Nicht unbeachtet blieben auch die Kaltohmfelder. Bei nur 160 Einwohnern, so hieß es, machten „zwei Bürgerwehren viel Wind und man merkt schon, dass die da oben ein bisschen anders sind“. Eine Stadträtin nahm Grosa aufs Korn und ließ nicht unerwähnt, wie wenig Zeit er doch hat, ganz abgesehen von der einen oder anderen Schelle, die die „Garagenfreunde“verteilten oder Besuchen der Wipperwelle-fans. Vorgestellt hat sich dann das neue Prinzenpaar: Katrin und Udo. Nach dem kleinen Fest im Standesamt zog die bunte Schar weiter zu Bondas Westernranch zum Tag der offenen Tür.
Die Straße vor dem Dingelstädter Rathaus war nach dem Hochamt voller Menschen, machten sich doch die Narren des Karneval- und Geselligkeitsvereins auf, um das benachbarten Rathaus zu erobern, wo sich erstmals Bürgermeister Andreas Fernkorn verschanzt hatte. Und das erste Mal hatte der Stadtchef den Schützenverein zu Verteidigungszwecken um sich geschart. Unten warteten die Karnevalisten um Präsident Mathias Roth und forderten Zutritt, was Fernkorn nicht gefiel. Es schalteten sich auch Prinzessin Christine II. und Prinz Sebastian I. ein und riefen: „Hunger und Durst trieben die Herrschaften schon heraus und dann wird uns gehören dieses Haus.“Die Narrenschar applaudierte. Mit Unterstützung der Feuerwehr, die eine zehn Meter lange Leiter heranschaffte, gelang es den Karnevalisten, die Hauswand hochzuklettern und durch das Fenster einzusteigen. Die übrigen Narren verschafften sich Zugang durch die Pforte. Fernkorn hielt derweil schon mal Schlüssel und Geldschatulle bereit. Schließlich gelang es der närrischen Schar mit Hilfe von Hexe Uschi, die Regentschaft doch noch zu übernehmen. Unter den Klängen der Dünmusikanten und begleitet von der Prinzengarde zogen Bürgermeister, Prinzenpaar und Co. Richtung Vereinshaus, wo weitergefeiert wurde.