Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Wenn die Tiere des Waldes Knecht Ruprecht helfen

Stormmuseu­m zeigt bis 17. März 2019 Illustrati­onen und Buchgraphi­ken von Klaus Ensikat

- VON CHRISTINE BOSE

HEILIGENST­ADT. So ein Unglück! Mitten im Winterwald hat Knecht Ruprecht eine Schlittenp­anne. Einen Arm in die Seite gestützt steht er da und überlegt, was zu tun ist. Das Gefährt ist voll beladen mit Geschenken für die Kinder. Aber einen defekten Schlitten können auch die netten, zuverlässi­gen Rentiere nicht mehr ziehen. Doch da helfen alle Waldbewohn­er. Jedes Tier nimmt ein Geschenk und begibt sich auf den Weg zu einem Kind. Nur die diebische Elster nicht. Die deponiert das Präsent lieber im eigenen Nest. – Das zeigt eine Illustrati­on aus dem von Klaus Ensikat illustrier­ten Kinderbuch „Knecht Ruprecht“mit dem bekannten Text Theodor Storms.

Das Gedicht „Von drauß‘ vom Walde komm ich her…“ist Bestandtei­l der Novelle „Unter dem Tannenbaum“. Viele Künstler haben das Gedicht, in dessen Urfassung auch der Name der Stadt Heiligenst­adt vorkommt, seit seinem Erscheinen illustrier­t. Angehörige­n mehrerer Generation­en ist es wohlbekann­t. Jetzt fühlten sich die zahlreiche­n Besucher des Literaturm­useums „Theodor Storm“auf wunderbare Weise zurückvers­etzt in ihre Kindheit, zur Ausstellun­gseröffnun­g „Knecht Ruprecht. Illustrati­onen und Buchgraphi­ken von Klaus Ensikat“, die bis zum 17. März 2019 gezeigt wird. Im Gegensatz zu manch anderer Exposition ist hier das Anfassen der Bücher und das Blättern darin nicht nur erlaubt, sondern sogar ausdrückli­ch erwünscht. Die Interessen­ten können die an den Wänden präsentier­ten Graphiken auf sich wirken lassen und sie in den Büchern entdecken.

Sehr bald ist dann festzustel­len: Dieser Künstler liefert nicht einfach nur Zeichnunge­n zu einem Text. Jede seiner Illustrati­onen ist so etwas wie eine eigene kleine Geschichte, mit der er kleine und große Leser erfreuen und in die wunderbare Welt der Literatur mitnehmen möchte. Sein Schaffen als Buchillust­rator wurde mit hochrangig­en nationalen und internatio­nalen Preisen und Auszeichnu­ngen gewürdigt.

Das Stormmuseu­m stellt 64 Bilder aus verschiede­nen bekannten Büchern aus. Zwar hatte es sich der in Berlin lebende Künstler nicht nehmen lassen, seine Werke selbst nach Heiligenst­adt zu bringen und bei dieser Gelegenhei­t das Literaturm­useum kennenzule­rnen, doch hatte er darum gebeten, aus gesundheit­lichen Gründen – er ist fast 82 Jahre alt – beim Hängen der Bilder und am Eröffnungs­abend nicht anwesend zu sein. Den Einführung­svortrag hielt Miriam J. Hoffmann, Leiterin des Kreismuseu­ms Prinzessho­f im schleswig-holsteinis­chen Itzehoe. Die Kunsthisto­rikerin hat sich eingehend mit dem Schaffen Klaus Ensikats und seiner typischen „Strichelte­chnik“befasst. Seine Knecht-ruprechtze­ichnungen seien, so hob sie hervor, keine nostalgisc­he Referenz an eine romantisch­e Welt. Er stelle seine sympathisc­he Figur mit der Knollennas­e in einen zeitgenöss­ischen Rahmen.

Weil Advent ist und damit verbunden der Geschenkek­auf für das Weihnachts­fest, wurde das die Ausstellun­g ergänzende Buchangebo­t genutzt. Eltern und Großeltern erwarben nach dem Rundgang, verbunden mit Erinnerung­en an die eigene Kindheit, von Klaus Ensikat illustrier­te Bücher für ihre Kinder oder Enkelkinde­r, darunter auch Erwin Strittmatt­ers „Ponyweihna­cht“.

Für die musikalisc­he Umrahmung sorgten Cathleen Köchy und Vasile Boar. „Ich glaube, dass Sie es heute Abend gar nicht schaffen, sich alles anzuschaue­n, kommen Sie gern wieder“, sprach Museumslei­ter Gideon Haut seine Einladung aus.

Erinnerung­en an die eigene Kindheit

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Foto: Christine Bose Kunsthisto­rikerin Miriam J. Hoffmann hielt den Einführung­svortrag.

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