Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Adventstürchenaktion in Worbis
Kinder werden jeden Tag in einem anderen Haus überrascht. Aktion ist angelehnt an frühere Herbergssuche
WORBIS. Wenn die Adventszeit anfängt, beginnen für viele Kinder die schönsten Wochen des Jahres. Auch in Worbis fiebern viele dem 1. Dezember entgegen. Da nämlich startet das „Adventstürchenöffnen“, das die Kleinen mit ihren Eltern dreieinhalb Wochen lang durch die gesamte Stadt führt.
So ist es Brauch, dass die Adventssänger jeden Abend um 18 Uhr bei einer anderen Familie zu Gast sind. Mit auf die vorweihnachtliche Reise geht immer der große Adventskoffer, der vierundzwanzig kleine Türchen hat.
Am Vorabend vom Nikolaustag ging es in die Ritterbachstraße. Gastgeber ist an diesem Tag Familie Barthel, wo es vor dem Haus schon von weiten nach Lebkuchen, Kinderpunsch und Zimtstangen duftet. Bevor es zum großen Augenblick des Türchenöffnens kommt, wird erst einmal gemeinsam gesungen und gebetet. Auch trägt jeden Abend ein anderes Kind der gastgebenden Familie eine weihnachtliche Geschichte vor. Lina, das zweitjüngste von vier Geschwistern, liest die Geschichte „Das heilige Feuer ist auch für andere da“vor.
„Wir haben die Aktion vor einigen Jahren wieder ins Leben gerufen. Vor dem Advent sprechen wir Familien an und fragen, wer bereit wäre, als Gastgeber zu fungieren. Das klappt dann immer ganz gut. Viele Worbiser Erwachsene und vor allem natürlich Kinder nehmen das Angebot an und sind jeden Abend dabei“, erzählt Sandra Schmidt, die zu den Mitorganisatoren zählt. Wie jeden Abend ist es dann einem Kind der Gastgeber vorbehalten, das Türchen zu öffnen. So hat Lina dieses Mal die Ehre, während alle anderen gespannt darauf warten, welches Bild zum Vorschein kommt. Erst wenn alle vierundzwanzig Türchen offen sind, ergeben die einzelnen Puzzleteile ein Gesamtbild, das eine biblische Geschichte darstellt. Neu ist seit zwei Jahren der Mini-adventskoffer, den die Kinder Abend für Abend mitführen. In ihm liegt ein Adventslogbuch. Jeder der möchte, kann seine Gedanken in diesem verewigen.
An den Adventssonntagen werden die Türchen jedoch nicht bei einer Familie geöffnet, sondern in der „Kinderkirche“, zu der sich die Kleinen im „Hugo-aufderbeck-haus“versammeln. Und an einem Tag ist das Ziel der Adventssänger der Kindergarten „St. Elisabeth“in der Schlaggasse, wo noch andere Kinder warten. „Einmal gehen wir auch zu Kaplan Kienemund und zu Altdechant Dietrich. Bei ihm sind die Plätzchen besonders lecker. Außerdem spielt er auf der Flöte“, erzählt Elisabeth Schmidt.
Die letzte Anlaufstelle wird am 23. Dezember der Worbiser Ortsbürgermeister Thomas Rehbein sein, bevor einen Tag später, am Heiligen Abend, das letzte Türchen aufgeht.
In der Ritterbachstraße singen die kleinen Adventspilger noch ihr Lieblingslied „In der Weihnachtsbäckerei“, bevor sich die erste Tasse mit heißem Kinderpunsch füllt. Es gibt Plätzchen und Laugenbrezeln mit Quark. Mandarinen liegen auch bereit. Schließlich machen sich alle wieder auf den Heimweg. Auch Juna und Laila gehen mit Mama und Papa wieder heim. „Das ist jeden Abend immer so wie Weihnachten“, freuen sie sich und essen noch schnell ein Plätzchen.
Das „Adventstürchenöffnen“ist angelehnt an die früher im Eichsfeld in der Weihnachtszeit vielerorts praktizierte Herbergssuche. Kinder gingen jeden Abend zu einem anderen Haus und baten um Einlass. So sollte die in der biblischen Geschichte geschilderte Herbergssuche der hochschwangeren Maria und ihres Ehemannes Josef, die eine Bleibe zur Niederkunft suchten, nachgeahmt werden. Der Überlieferung nach fand das Paar lediglich einen Stall, und Jesus kam schließlich neben Hirten, Ochsen und Eseln auf die Welt.
Adventslogbuch für eigene Gedanken