Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Adventstür­chenaktion in Worbis

Kinder werden jeden Tag in einem anderen Haus überrascht. Aktion ist angelehnt an frühere Herbergssu­che

- VON GREGOR MÜHLHAUS

WORBIS. Wenn die Adventszei­t anfängt, beginnen für viele Kinder die schönsten Wochen des Jahres. Auch in Worbis fiebern viele dem 1. Dezember entgegen. Da nämlich startet das „Adventstür­chenöffnen“, das die Kleinen mit ihren Eltern dreieinhal­b Wochen lang durch die gesamte Stadt führt.

So ist es Brauch, dass die Adventssän­ger jeden Abend um 18 Uhr bei einer anderen Familie zu Gast sind. Mit auf die vorweihnac­htliche Reise geht immer der große Adventskof­fer, der vierundzwa­nzig kleine Türchen hat.

Am Vorabend vom Nikolausta­g ging es in die Ritterbach­straße. Gastgeber ist an diesem Tag Familie Barthel, wo es vor dem Haus schon von weiten nach Lebkuchen, Kinderpuns­ch und Zimtstange­n duftet. Bevor es zum großen Augenblick des Türchenöff­nens kommt, wird erst einmal gemeinsam gesungen und gebetet. Auch trägt jeden Abend ein anderes Kind der gastgebend­en Familie eine weihnachtl­iche Geschichte vor. Lina, das zweitjüngs­te von vier Geschwiste­rn, liest die Geschichte „Das heilige Feuer ist auch für andere da“vor.

„Wir haben die Aktion vor einigen Jahren wieder ins Leben gerufen. Vor dem Advent sprechen wir Familien an und fragen, wer bereit wäre, als Gastgeber zu fungieren. Das klappt dann immer ganz gut. Viele Worbiser Erwachsene und vor allem natürlich Kinder nehmen das Angebot an und sind jeden Abend dabei“, erzählt Sandra Schmidt, die zu den Mitorganis­atoren zählt. Wie jeden Abend ist es dann einem Kind der Gastgeber vorbehalte­n, das Türchen zu öffnen. So hat Lina dieses Mal die Ehre, während alle anderen gespannt darauf warten, welches Bild zum Vorschein kommt. Erst wenn alle vierundzwa­nzig Türchen offen sind, ergeben die einzelnen Puzzleteil­e ein Gesamtbild, das eine biblische Geschichte darstellt. Neu ist seit zwei Jahren der Mini-adventskof­fer, den die Kinder Abend für Abend mitführen. In ihm liegt ein Adventslog­buch. Jeder der möchte, kann seine Gedanken in diesem verewigen.

An den Adventsson­ntagen werden die Türchen jedoch nicht bei einer Familie geöffnet, sondern in der „Kinderkirc­he“, zu der sich die Kleinen im „Hugo-aufderbeck-haus“versammeln. Und an einem Tag ist das Ziel der Adventssän­ger der Kindergart­en „St. Elisabeth“in der Schlaggass­e, wo noch andere Kinder warten. „Einmal gehen wir auch zu Kaplan Kienemund und zu Altdechant Dietrich. Bei ihm sind die Plätzchen besonders lecker. Außerdem spielt er auf der Flöte“, erzählt Elisabeth Schmidt.

Die letzte Anlaufstel­le wird am 23. Dezember der Worbiser Ortsbürger­meister Thomas Rehbein sein, bevor einen Tag später, am Heiligen Abend, das letzte Türchen aufgeht.

In der Ritterbach­straße singen die kleinen Adventspil­ger noch ihr Lieblingsl­ied „In der Weihnachts­bäckerei“, bevor sich die erste Tasse mit heißem Kinderpuns­ch füllt. Es gibt Plätzchen und Laugenbrez­eln mit Quark. Mandarinen liegen auch bereit. Schließlic­h machen sich alle wieder auf den Heimweg. Auch Juna und Laila gehen mit Mama und Papa wieder heim. „Das ist jeden Abend immer so wie Weihnachte­n“, freuen sie sich und essen noch schnell ein Plätzchen.

Das „Adventstür­chenöffnen“ist angelehnt an die früher im Eichsfeld in der Weihnachts­zeit vielerorts praktizier­te Herbergssu­che. Kinder gingen jeden Abend zu einem anderen Haus und baten um Einlass. So sollte die in der biblischen Geschichte geschilder­te Herbergssu­che der hochschwan­geren Maria und ihres Ehemannes Josef, die eine Bleibe zur Niederkunf­t suchten, nachgeahmt werden. Der Überliefer­ung nach fand das Paar lediglich einen Stall, und Jesus kam schließlic­h neben Hirten, Ochsen und Eseln auf die Welt.

Adventslog­buch für eigene Gedanken

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Bevor es zum großen Augenblick kommt, wird erst einmal gesungen und gebetet. Und dann endlich darf das Adventstür­chen geöffnet werden und sein Geheimnis preisgeben. Erst mit dem . Türchen wird das Bild komplett. Foto: Gregor Mühlhaus

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