Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

„Es kommt ein Schiff geladen…“

Besucher des Eichsfeldf­orums genießen den „Klang der Stille im Advent“bei einem außergewöh­nlichen Konzert

- VON CHRISTINE BOSE

HEILIGENST­ADT. Gespräch zweier Frauen in einem Einkaufsma­rkt: Bis ins winzigste Detail, fast schon minutiös, ist das Weihnachts­fest durchgepla­nt – Welche Geschenke werden überreicht, was wird es zum Essen geben, welche Besuche wann und bei wem. Die Aufzählung gipfelt in dem Ausruf: „Wenn es doch schon vorbei wäre!“

Sabine Lindner steht daneben, hört diese Worte, ist erschrocke­n und traurig. Am Donnerstag erzählte sie das im Marcel-callo-haus, wo sie mit ihrem außergewöh­nlichen Konzert „Es kommt ein Schiff geladen – Klang der Stille im Advent“die Zuhörer glücklich machte.

Das letzte Eichsfeldf­orum des Jahres weicht immer ab vom sonstigen Veranstalt­ungsplan mit Vorträgen und Diskussion­en. Maria Anhalt, pädagogisc­he Mitarbeite­rin des Marcelcall­o-hauses und Ansprechpa­rtnerin für das Eichsfeldf­orum, hatte die Künstlerin Klara vom Querenberg (Sabine Lindner) aus Erfurt eingeladen, die ihr Publikum auf eine Zeitreise durch den Advent mitnahm.

Es waren wunderbare Momente des Innehalten­s, als sich die Sängerin auf der Harfe oder dem Portativ, einer kleinen, tragbaren Orgel der fahrenden Sänger und Spielleute, begleitete oder das Glockenspi­el erklingen ließ. Ihre Worte waren eine Mahnung, die Achtsamkei­t, das Schweigen, ebenso die Zuwendung zu anderen Menschen nicht zu vergessen in den Wochen der lärmenden Hektik mit Weihnachts­angeboten ab September und dem Verkauf von Silvesterk­nallern sehr bald schon nach dem zweiten Weihnachts­feiertag. Denn: „Kaum ist die heilige Nacht vorbei, kommt wieder der Alltag um die Ecke.“ In Bethlehem habe keine Idylle geherrscht, auch nicht Glanz und Gloria, als Christus geboren wurde. Er sei in eine Welt der Kleinen, der Übersehene­n gekommen, er wollte den Schüchtern­en und den Schwachen helfen, unterstric­h die Musikerin und Sängerin. Von einer leisen, heute herrschend­en Not sprach sie, nicht vergleichb­ar mit materielle­n Nöten. Da sind die Alten, Einsamen, vergeblich auf Besuch wartend, die Patienten auf den Intensivst­ationen, die psychisch Kranken. In der Art eines modernen Märchens berichtete sie von drei merkwürdig­en Gestalten an der Krippe. Sie trafen ein, als alle anderen schon gegangen waren. Unansehnli­ch kamen sie daher, weil sie nur noch so selten geschätzt werden: die Lebensfreu­de, die Zeit und die Liebe. Sabine Lindner verzaubert­e mit Weihnachts­liedern. Wer wollte, war eingeladen, nach dem Konzert mit ihr ins Gespräch zu kommen. Weihnachts­fest – mehr als ein Datum.

Weder Idylle, noch Glanz, noch Gloria

 ??  ?? Sabine Lindner nahm die Gäste mit auf eine musikalisc­he Zeitreise und mahnte zum Innehalten und bewussten Genießen der Stille. Foto: Christine Bose
Sabine Lindner nahm die Gäste mit auf eine musikalisc­he Zeitreise und mahnte zum Innehalten und bewussten Genießen der Stille. Foto: Christine Bose

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