Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Dutzende Arbeitsplätze fallen weg
Thüringer Großbäckerei Frischback schließt mehrere Filialen und will 400 Großkunden nicht mehr beliefern
ERFURT. Die erneut insolvente Großbäckerei Frischback mit Produktionsstätten in Erfurt und Arnstadt plant die Entlassung von 50 bis 80 Mitarbeitern von derzeit etwa 760. Dies teilte Firmenchef Alfred Heyl unserer Zeitung auf Anfrage mit. Betroffen sei unter anderem der Bereich Fuhrpark, der firmeneigen bleiben soll. Darüber hinaus sollen etwa zehn der 103 Filialen geschlossen werden, vor allem in kleineren Ortschaften, die jedoch aktuell noch nicht benannt werden könnten, so Heyl. Entlassungen ergeben sich ferner aus der vollständigen Aufgabe der Brotproduktion für Krankenhäuser, Altenheime, Schulen, Kindergärten und Hotels. Für deren Belieferung durch Frischback produziert das Unternehmen am Standort Erfurt bisher etwa 4000 Brote pro Tag. 4000 weitere Brote sowie 80.000 bis 100.000 Brötchen, die momentan täglich in Arnstadt gebacken werden, sollen im Zuge der geplanten Standortkonzentration demnächst in Erfurt hergestellt werden. Frischback hatte am Dienstag mitgeteilt, zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren ein Insolvenzverfahren beantragt zu beantragt haben. Nach Zustimmung des Amtsgerichts Erfurt führt sie es vorerst in Eigenregie. Firmenchef Alfred Heyl zieht sich unterdessen nach eigenen Angaben aus dem operativen Geschäft zurück. Während des Insolvenzverfahrens, das bis Jahresmitte abgeschlossen sein soll, übernehme der Branchenexperte Josef Reindl aus Bayern die Geschäftsführung, gemeinsam mit der auf Insolvenzen spezialisierten Rechtsanwaltsgesellschaft Buckalik Brömmekamp aus Düsseldorf. Die hatte bereits das erste Insolvenzverfahren von Frischback von 2017 bis 2018 begleitet. In dessen Verlauf konnte Frischback sich von etwa sieben Millionen Euro Schulden entledigen und zeitgleich mehrere Filialen der insolventen Bäckereikette Elmi übernehmen. Reindl hatte jahrzehntelang erfolgreich das Bäckereiunternehmen „Hasi Schmeckerbäcker Gmbh“in Grafing bei München geleitet, das er vergangenes Jahr mitsamt 21 Filialen verkaufte. Zudem ist Reindl Eigentümer der Brotproduktionsstätte in Erfurt, die er seither an Frischback verpachtet. Langfristig ist nach Heyls Worten eine weitere Veränderung in der Geschäftsführung geplant: Nico Rath, bis vor Kurzem für die Bamberger Großbäckerei Fuchs tätig, soll nach erhofftem erfolgreichen Insolvenzverfahren das operative Geschäft leiten. Zweiter Geschäftsführer solle ein Kaufmann werden. Hauptursache für die neuerliche Insolvenz ist nach Heyls Bewertung das „sehr hohe Verlustgeschäft“mit Lieferkunden. 250 von insgesamt 400 seien täglich angefahren worden. Der Jahresumsatz des Lieferkundengeschäfts habe fünf Millionen Euro betragen. Zum Vergleich: Die hundert Frischback-filialen, die täglich beliefert werden, erwirtschaften mit 25 Millionen Euro fünfmal mehr Umsatz im Jahr. „Wir haben uns nicht rechtzeitig von den Lieferkunden getrennt“, so Heyl. Branchenkenner weisen darauf hin, dass Frischback seit Jahrzehnten kaum in moderne Backtechnik investiert habe – was den Gedanken nahelege, das Unternehmen sei nicht zufällig in Krisen geraten. „Bei Frischback wurde auf Verschleiß gefahren“, sagt der Arnstädter Innungsobermeister für das Bäckerhandwerk, Torsten Mann. Die Handwerkskammer Erfurt bestätigt dies. Das Problem alter Maschinen ist ihr vergleichsweise hoher Energieverbrauch und ein damit einhergehender Rentabilitätsverlust. Firmenchef Heyl lässt den Hinweis auf einen Modernisierungsstau nur teilweise gelten. Zutreffend sei, dass am inzwischen aufgegebenen Produktionsstandort Schmalkalden nicht modernisiert worden sei. Zutreffend sei auch, dass der Netzbandofen, der in Arnstadt täglich 30.000 bis 50.000 Brötchen produziert, noch aus DDRZEIT stamme. Gleichwohl sei am Standort Arnstadt in den vergangenen drei Jahren „sehr viel Geld investiert“worden. Für die Gewerkschaft Nahrung-genuss-gaststätten (NGG) steht hingegen fest, dass die Probleme bei Frischback „hausgemacht“seien. „Denn das Unternehmen findet zu dem Niedriglohn kein Personal für den Betriebsstandort Erfurt“, teilte Ngg-geschäftsführer Jens Löbel mit. Alfred Heyl weist den Vorwurf zurück: „Die Personalthematik hat uns nicht behindert.“