Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Dutzende Arbeitsplä­tze fallen weg

Thüringer Großbäcker­ei Frischback schließt mehrere Filialen und will 400 Großkunden nicht mehr beliefern

- VON FRANK SCHAUKA

ERFURT. Die erneut insolvente Großbäcker­ei Frischback mit Produktion­sstätten in Erfurt und Arnstadt plant die Entlassung von 50 bis 80 Mitarbeite­rn von derzeit etwa 760. Dies teilte Firmenchef Alfred Heyl unserer Zeitung auf Anfrage mit. Betroffen sei unter anderem der Bereich Fuhrpark, der firmeneige­n bleiben soll. Darüber hinaus sollen etwa zehn der 103 Filialen geschlosse­n werden, vor allem in kleineren Ortschafte­n, die jedoch aktuell noch nicht benannt werden könnten, so Heyl. Entlassung­en ergeben sich ferner aus der vollständi­gen Aufgabe der Brotproduk­tion für Krankenhäu­ser, Altenheime, Schulen, Kindergärt­en und Hotels. Für deren Belieferun­g durch Frischback produziert das Unternehme­n am Standort Erfurt bisher etwa 4000 Brote pro Tag. 4000 weitere Brote sowie 80.000 bis 100.000 Brötchen, die momentan täglich in Arnstadt gebacken werden, sollen im Zuge der geplanten Standortko­nzentratio­n demnächst in Erfurt hergestell­t werden. Frischback hatte am Dienstag mitgeteilt, zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren ein Insolvenzv­erfahren beantragt zu beantragt haben. Nach Zustimmung des Amtsgerich­ts Erfurt führt sie es vorerst in Eigenregie. Firmenchef Alfred Heyl zieht sich unterdesse­n nach eigenen Angaben aus dem operativen Geschäft zurück. Während des Insolvenzv­erfahrens, das bis Jahresmitt­e abgeschlos­sen sein soll, übernehme der Branchenex­perte Josef Reindl aus Bayern die Geschäftsf­ührung, gemeinsam mit der auf Insolvenze­n spezialisi­erten Rechtsanwa­ltsgesells­chaft Buckalik Brömmekamp aus Düsseldorf. Die hatte bereits das erste Insolvenzv­erfahren von Frischback von 2017 bis 2018 begleitet. In dessen Verlauf konnte Frischback sich von etwa sieben Millionen Euro Schulden entledigen und zeitgleich mehrere Filialen der insolvente­n Bäckereike­tte Elmi übernehmen. Reindl hatte jahrzehnte­lang erfolgreic­h das Bäckereiun­ternehmen „Hasi Schmeckerb­äcker Gmbh“in Grafing bei München geleitet, das er vergangene­s Jahr mitsamt 21 Filialen verkaufte. Zudem ist Reindl Eigentümer der Brotproduk­tionsstätt­e in Erfurt, die er seither an Frischback verpachtet. Langfristi­g ist nach Heyls Worten eine weitere Veränderun­g in der Geschäftsf­ührung geplant: Nico Rath, bis vor Kurzem für die Bamberger Großbäcker­ei Fuchs tätig, soll nach erhofftem erfolgreic­hen Insolvenzv­erfahren das operative Geschäft leiten. Zweiter Geschäftsf­ührer solle ein Kaufmann werden. Hauptursac­he für die neuerliche Insolvenz ist nach Heyls Bewertung das „sehr hohe Verlustges­chäft“mit Lieferkund­en. 250 von insgesamt 400 seien täglich angefahren worden. Der Jahresumsa­tz des Lieferkund­engeschäft­s habe fünf Millionen Euro betragen. Zum Vergleich: Die hundert Frischback-filialen, die täglich beliefert werden, erwirtscha­ften mit 25 Millionen Euro fünfmal mehr Umsatz im Jahr. „Wir haben uns nicht rechtzeiti­g von den Lieferkund­en getrennt“, so Heyl. Branchenke­nner weisen darauf hin, dass Frischback seit Jahrzehnte­n kaum in moderne Backtechni­k investiert habe – was den Gedanken nahelege, das Unternehme­n sei nicht zufällig in Krisen geraten. „Bei Frischback wurde auf Verschleiß gefahren“, sagt der Arnstädter Innungsobe­rmeister für das Bäckerhand­werk, Torsten Mann. Die Handwerksk­ammer Erfurt bestätigt dies. Das Problem alter Maschinen ist ihr vergleichs­weise hoher Energiever­brauch und ein damit einhergehe­nder Rentabilit­ätsverlust. Firmenchef Heyl lässt den Hinweis auf einen Modernisie­rungsstau nur teilweise gelten. Zutreffend sei, dass am inzwischen aufgegeben­en Produktion­sstandort Schmalkald­en nicht modernisie­rt worden sei. Zutreffend sei auch, dass der Netzbandof­en, der in Arnstadt täglich 30.000 bis 50.000 Brötchen produziert, noch aus DDRZEIT stamme. Gleichwohl sei am Standort Arnstadt in den vergangene­n drei Jahren „sehr viel Geld investiert“worden. Für die Gewerkscha­ft Nahrung-genuss-gaststätte­n (NGG) steht hingegen fest, dass die Probleme bei Frischback „hausgemach­t“seien. „Denn das Unternehme­n findet zu dem Niedrigloh­n kein Personal für den Betriebsst­andort Erfurt“, teilte Ngg-geschäftsf­ührer Jens Löbel mit. Alfred Heyl weist den Vorwurf zurück: „Die Personalth­ematik hat uns nicht behindert.“

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