Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Gernröder empfängt Sakrament der Taufe
Christoph Matthes von der Sollstedter Carnevalsgesellschaft gehört nun zur „Gemeinschaft des Gottesvolkes“
Pfarrer Markus Könen spendet Christoph Matthes das Sakrament der Taufe. Das Besondere: Es erfolgt im Rahmen der zehnten Karnevalistenmesse in der Leinefelder Bonifatiuskirche. Für das aktive Mitglied in der Sollstedter Carnefasching“, valsgesellschaft steht seit einem Jahr fest, dass es sich nur bei dieser Messe taufen lässt. „Bei mir ist das ganze Jahr sagt der Täufling danach überglücklich.
Festlich und in Karnevalsrobe zieht es am Donnerstagabend die Jecken in die Leinefelder Bonifatiuskirche. Grund für das närrische Pilgern: die zehnte Karnevalistenmesse. Pfarrer Markus Könen stellt sie unter das Motto „Mit allen Wassern gewaschen“. Den Leitgedanken wählt der Geistliche bewusst aus, denn bei der Messe lässt sich erstmals ein Jeck taufen und wird „mit dem Wasser in die Gemeinschaft des Gottesvolkes aufgenommen“, wie Pfarrer Könen es in der Einladung schreibt. Und damit zeige sich einmal mehr, „wie christlicher Glaube und Karneval miteinander verbunden sind, weil beide ihren Ursprung in der Auferstehungshoffnung haben.“Diese Verbundenheit solle auch in diesem Jahr gezeigt und gefeiert werden.
Eigenschaften des Kamels im Fokus
Eine Krippe sei erst dann vollständig, wenn die Heiligen drei Könige auch dabei sind, meint Pfarrer Könen. Auch ein Kamel gehöre in seinen Augen dazu, obwohl in der Bonifatiuskirche keines steht. „Aber es ist nicht schlimm, es sitzen schließlich heute genügend in der Kirche“, scherzt der Geistliche. Das Kamel sei ein besonderes Tier, an dem sich die Christen und Karnevalisten orientieren könnten. Markus Könen beginnt mit dem Kopf und dem Gesicht des Tieres. Es würde immer freundlich schauen und den Kopf dabei nach oben tragen. Aber keinesfalls hochnäsig wirken und den Bezug zum Boden verlieren, betont der Pfarrer. Anders sei es bei einer Giraffe, der Kopf wäre viel zu weit vom Boden weg und sie würde Kontakt, Bezug und Übersicht verlieren. Zum Gesicht des Kamels gehörend, spricht er die Nase an. Diese wäre sehr gut, denn damit würden die Tiere Oasen in der Wüste finden, auch wenn sie tagelang keine Flüssigkeit zu sich genommen hätten. Der Pfarrer stellt an der Stelle wieder den Bezug zu den Christen und Karnevalisten her: Denn sie bräuchten auch einen „guten Riecher“, wie es umgangssprachlich heißt. Das bedeute, dass sie das Gute, Verborgene (heraus-)finden und verkünden sollen. Der Rücken des Tieres ist breit und stabil. Die zwei Höcker ermöglichen das Tragen von Lasten. Besonders an dieser Stelle appelliert Pfarrer Könen an die anwesenden Christen und Karnevalisten. Es sei wichtig, dass die Lasten auf vielen Schultern verteilt seien. „Der Karneval kann nur gelingen, wenn jeder seine Aufgaben übernimmt.“Aber eben auch hilft, wenn es bei einem anderen zu viel wird. Schlussendlich wird das Kamel von vier starken kurzen Beinen getragen. Der Geistliche nennt sie „Säulen“. Sie geben dem Tier Standfestigkeit und Nähe zum Boden. „Auch wir Christen stehen fest in der Welt, auch in schwierigen Verhältnissen“, predigt der Heiligenstädter Pfarrer. Er wünscht den Anwesenden diese Standfestigkeit, aber auch die vielen anderen Eigenschaften des Kamels. Und das nicht nur in der Faschingszeit, sondern immer und überall. Für Christoph Matthes ist diese Karnevalistenmesse eine ganz besondere. Nicht nur, weil er leidenschaftlicher Faschingsfan ist. Nein, er wird in dieser Messe getauft. Seine Frau und Kinder sind bereits getauft, meint Pfarrer Könen. Und nun wolle auch der Papa und Ehemann diesen Schritt gehen. Die Idee sei vor etwa einem Jahr entstanden und dann habe es zwischen dem Täufling und dem Pfarrer viele Gespräche gegeben. Nun, zur 10. Karnevalistenmesse wird es für Christoph Matthes ernst. Im feierlichen Rahmen und mit viel Applaus erfolgen Taufe, Kommunion und Firmung in einem Schritt. Der Geistliche bekommt Unterstützung von den Kindern des Täuflings, die bei diesem besonderen Moment dabei sind. Der neue Christ ist in der Sollstedter Carnevalgesellschaft aktiv tätig. Denn er zählt zu den Leitungsmitgliedern. „Bei mir ist das ganze Jahr Fasching, ich bin auch im Landesverband Thüringer Karnevalvereine“, sagt der Jeck nicht ohne Stolz. Für ihn gebe es deshalb auch keinen besseren Moment, um sich taufen zu lassen , als zur jährlichen Karnevelistenmesse. Der Gottesdienst endet mit einer musikalischen Darbietung eines Holunger Jecken. Und natürlich mit einem Witz des Geistlichen, der für ein herzliches Lachen und Beifall sorgt, bevor Pfarrer Könen die Narren in ihre Jahreszeit entlässt.