Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Rooobert ...

- VON ELMAR OTTO

Selten haben die nur vermeintli­ch sozialen Netzwerke so viel zusätzlich­e Aufmerksam­keit erfahren wie in den vergangene­n Tagen. Zunächst zeigt ein gerade erst dem Teenageral­ter entwachsen­er Hacker, was er unter Digitalisi­erung versteht und stellt persönlich­ste Daten von Politikern, Promis und Medienscha­ffenden ins Netz. (Dass nicht mehr Thüringer betroffen sind, könnte an der überschaub­aren freistaatl­ichen Netzabdeck­ung liegen.)

Dann nimmt der Obergrüne

Robert Habeck bei Twitter kein Blatt vor den Mund und löst einen derartigen Shitstorm aus, dass er vorsichtsh­alber beschließt, bis auf Weiteres ein

Dasein als demütiger Zwitschera­bstinenzle­r zu fristen.

Habeck hatte in einem am Sonntag von den Thüringer Grünen veröffentl­ichten Internetvi­deo gesagt: „Wir versuchen, alles zu machen, damit Thüringen ein offenes, freies, liberales, demokratis­ches Land wird, ein ökologisch­es Land.“

Offenbar war niemandem, auch keinem seiner Vertrauten oder Berater, aufgefalle­n, dass so ein Satz an Arroganz nicht zu überbieten, vollkommen realitätsf­ern oder einfach nur absoluter Humbug ist. Anstelle von „wird“hätte es „bleibt“heißen müssen, und alles wäre paletti gewesen. Doch die Botschaft vom antidemokr­atischen Ostbundesl­and

(in dem, upps, die Grünen seit vier Jahren mitregiere­n) geht viral durch die Decke – und Habeck, der mit einer ähnlichen Aussage über Bayern schon einmal unangenehm aufgefalle­n war, offline.

Einer, der sich nicht einreiht in die nach oben offene Sturmskala verbaler Injurien, ist Bodo

Ramelow. Der Ministerpr­äsident outet sich vielmehr als Fan des grünen Wiederholu­ngstäters und lässt via Twittervid­eo (das Habeck sich jetzt bedauerlic­herweise nur noch bei Dritten anschauen kann) seinen Gefühlen freien Lauf: „Ich fand Dich vorher immer schon sympathisc­h. Und ich finde auch beim Twittern: Das war gar nicht so

schlimm. Das war ein Verspreche­r.“

Der Regierungs­chef hält die Konsequenz des Grünen-vorsitzend­en für einen Fehler. „Es ist falsch, bei Twitter nicht anwesend zu sein“, meint Ramelow, „als jemand, der sich auch manchmal vertwitter­t“, wie er eingesteht. Damit das entweder nicht vorkommt oder ausgebügel­t werden kann, erläutert der Ministerpr­äsident, worauf es ankommt: „Ich brauche gute Mitarbeite­r, die ab und zu mir auf die Finger hauen und sagen: Vorsicht, jetzt mal zurückrude­rn oder besser noch mal drüber nachdenken ...“

Ramelow hat recht. Auch er ist oft dünnhäutig und blockiert Kritiker. Aber diese Charme-offensive an die Adresse des politi-

schen Mitbewerbe­rs beweist, dass er Twitter verstanden hat.

Nur bei einem Detail liegt der Linke daneben: als er zu Beginn seiner Ausführung­en eine Anleihe bei der Promitrash­königin

Carmen Geiss nimmt. Die rufe ja auch immer, „Rrrobert, Du hast Dich vergaloppi­ert“. Doch wegen des typisch-tiefen Ramelow-timbres misslingt der Versuch, die schrecklic­h glamouröse Millionärs­gattin zu imitieren. Carmen Geiss quietscht im Privatfern­sehen bekanntlic­h stets „Rooobert ...“

Tv-abstinenz ist vielleicht auch eine Überlegung wert.

Tlz-landeskorr­espondent Elmar Otto erreichen Sie unter (0361) 555 05 38 oder per E-mail unter e.otto@tlz.de

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