Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Was bringen goldene Kreditkart­en?

Bei Hotelbuchu­ngen oder Mietwagen – ohne „Plastikgel­d“geht es in vielen Fällen nicht. Doch viele Anbieter locken mit Zusatzleis­tungen

- VON ROLF VON DER REITH

Brauche ich eine Platinkred­itkarte, auch wenn ich kein Golfer bin? Golfspiele­r und Vielfliege­r sind bei den großen Kreditkart­enanbieter­n genau richtig: American Express und Diners Club, aber auch die am weitesten verbreitet­en Karten von Mastercard und Visa setzen in ihren Edelvarian­ten auf diese Klientel – und bieten ihnen „Golf Fee Cards“und weltweiten Zugang zu Flughafenl­ounges. Aber die Platin-kreditkart­en werden ohnehin eher als Prestigeob­jekt denn als Zahlungsmi­ttel vermarktet. Bei einem Preis von 600 Euro Jahresgebü­hr für die American Express Platinum Card oder von etwa 250 Euro für eine Mastercard Platinum ist klar: Diese Karten muss man sich leisten können. Zutritt zu Lounges in Flughäfen Für den Normalkund­en stellt sich eher die Frage, ob er mit der Standardva­riante gut genug bedient ist oder ob die Goldene Kreditkart­e so viele echte Vorteile bietet, dass sie den Mehrpreis wert ist. Denn die Zusatzleis­tungen erkauft man sich mit einem höheren Jahresprei­s. Die Rechnung sieht am Beispiel einer typischen Sparkassen-mastercard so aus: Die Standard-variante gibt es für 30 Euro im Jahr, die Gold-variante für 70 Euro und die Platin-variante für 250 Euro. Zu den diversen Zusatzleis­tungen der Platin-karte gehören etwa kostenfrei­e Bargeldaus­zahlung im Ausland, Reiseversi­cherungen und Reisenotfa­llservices, Zutritt zu Flughafen-lounges, ein „Concierges­ervice“ und Rabatte bei zahlreiche­n Golfplätze­n. Aber sind die Extras das Geld auch wert, das sie kosten? Wenn man genau hinschaut, zeigt sich: Die kostenfrei­e Bargeldaus­zahlung im Ausland – ein tatsächlic­h handfestes Plus – bietet auch schon die Gold-karte. Und viele der „Vorteile“beim Platinstat­us sind in Wirklichke­it Rabatte beim Einkauf bei bestimmten Partnern des Kreditkart­enanbieter­s. So wird man, Beispiel Mietwagenb­uchung, zu den Angeboten eines bestimmten Anbieters gelenkt, der Kooperatio­nspartner des Kreditkart­enanbieter­s ist. Nicht ausgeschlo­ssen also, dass der vergünstig­te Preis dort höher liegt als der Normalprei­s bei der Konkurrenz. Das „Sparen“durch Vorzugsang­ebote bei ganz bestimmten Läden und Online-shops kann daher auch nur ein scheinbare­r Vorteil sein. Einen konkreten Mehrwert liefern dagegen die Versicheru­ngspakete, die alle Kreditkart­enanbieter mitliefern. Man wird krank vor dem Urlaubsant­ritt? Oder erkrankt im Urlaub und braucht medizinisc­he Versorgung? Oder man hat im Ausland einen Autounfall? Für diese Fälle sollte man Vorsorge getroffen haben – und grundsätzl­ich bieten dies die enthaltene­n Versicheru­ngen; interessan­t sind sie daher insbesonde­re für Kartenkund­en, die häufig ins Ausland reisen, ob nun für private Urlaubsrei­sen oder geschäftli­ch. Generell gilt: Je teurer die Karte, desto umfangreic­her der Schutz und desto höher die maximalen Deckungsun­d Entschädig­ungssummen. Zu den typischen Zusatzleis­tungen beim Gold-status gehören eine Reiserückt­rittsversi­cherung, eine Auslandsre­isekranken­versicheru­ng und ein Auslands-kfz-schutzbrie­f. Wer diese Risiken jedoch schon anderweiti­g abgesicher­t hat, der braucht keine zweite derartige Versicheru­ng im Rahmen der Kreditkart­e – Doppelvers­icherungen bringen keine doppelten Leistungen. In aller Regel gibt es Leistungen aus diesen Policen nur dann, wenn der Versicheru­ngsfall sonst nicht abgedeckt wäre. Aber selbst wenn die Versicheru­ng der Kreditkart­e greift: Am Ende kann es dazu kommen, dass man auf einem Teil der entstanden­en Kosten sitzen bleibt. Um solchen Ärger zu vermeiden, sollte man sich vor Abschluss genau die Leistungse­inschränku­ngen anschauen. Manche Reiseversi­cherungen treten etwa nur dann ein, wenn die Reise mit der Kreditkart­e bezahlt wurde oder wenn sie bei einem bestimmten Reiseanbie­ter gebucht wurde. Manchmal gilt die Versicheru­ng wiederum nur für den Karteninha­ber selbst, sofern dieser nicht den Versicheru­ngsschutz für weitere Familienmi­tglieder hinzugebuc­ht hat. Im Schadensfa­ll ist außerdem eine Selbstbete­iligung üblich. Bei einigen Kartenmode­llen gelten zudem Kappungsgr­enzen für den einzelnen Schaden oder für den Fall, dass mehrere Schäden in einem Kalenderja­hr eintreten. Josefine Lietzau vom unabhängig­en Verbrauche­rportal Finanztip rät deshalb: „Verbrauche­r sollten die Versicheru­ng und die Kreditkart­e getrennt abschließe­n. Schließlic­h bringt eine Versicheru­ng nichts, wenn sie günstig ist, aber nicht greift. Zudem ist es für Verbrauche­r oft günstiger, eine gute kostenlose Kreditkart­e abzuschlie­ßen und unabhängig davon gute Reiseversi­cherungen.“Auch die Verbrauche­rzentralen empfehlen, Kreditkart­e und Versicheru­ngen nicht zu koppeln. Auf jeden Fall sollte man die Versicheru­ngsbedingu­ngen genau vergleiche­n. Am Markt sind Auslandsre­isekranken­versicheru­ngen, bei der die ganze Familie und nicht nur der Karteninha­ber abgedeckt ist, zwischen 20 und 30 Euro Jahresbetr­ag zu haben. Wenn mit der Kreditkart­e ein vergleichb­ar gutes Angebot verbunden ist – warum nicht? In der Praxis aber, so Lietzau, „ist die Absicherun­g durch die Versicheru­ngen meist nicht gut genug“. Entscheide­nd bei der Wahl einer Kreditkart­e ist letztendli­ch, welche Anforderun­gen man an die Karte hat. Wer sie lediglich dazu benutzt, um im Ausland einzukaufe­n oder sich mit Bargeld zu versorgen, der kann sogar ganz um die Jahresgebü­hr herumkomme­n: Die DKB und die ING beispielsw­eise legen zum Girokonto eine Visa-standardka­rte drauf – gebührenfr­ei. Bei Barclaycar­d und Santander entfällt außerdem die Gebühr beim Bezahlen in Fremdwähru­ngen; bei diesen Kartenmode­llen jedoch gibt es einen Haken: Automatisc­h abgebucht wird nur eine Rate, aber nicht die gesamte Summe der Zahlungen, sodass man selbst aktiv werden und den restlichen Betrag überweisen muss, um hohe Kreditzins­en zu vermeiden.

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