Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
87-jährige Rentnerin in Jena getötet
Polizei gelingt rascher Fahndungserfolg – Festnahme in Erfurt
GERA. Das Amtsgericht Gera hat am Sonntagabend Haftbefehl wegen Totschlags gegen den Beschuldigten erlassen, der eine 87-jährige Rentnerin in Jena umgebracht haben soll. Er kommt nun zur Untersuchungshaft in eine Justizvollzugsanstalt. Beim Beschuldigten handelt es sich um einen 23 Jahre alten Flüchtling aus Afghanistan. Er war der Nachbar einer Seniorin, deren Tochter und eine Bekannte sich um ihren Verbleib gesorgt hatten. Sie hatten seit zwei Tagen kein Lebenszeichen der Frau vernommen und meldeten die Rentnerin am späten Freitagabend als vermisst. Die Einsatzkräfte der Jenaer Polizei fanden die Leiche der Frau am Samstag gegen 2 Uhr in einem Keller ihres Wohnhauses in Jena-winzerla. Eine Großfahndung führte noch am Samstag zur Verhaftung des Mannes. Der Zugriff erfolgte mit einem Polizei-großaufgebot im Erfurter Zentrum. Die Haftvorführung fand am Sonntagnachmittag im Geraer Justizzentrum statt. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) dankte der Polizei für den schnellen Fahndungserfolg. „Nun ist es Aufgabe der Justizbehörden, alles zu dieser schrecklichen Gewalttat zu ermitteln. Dann folgt auf die Tat die Strafe. Meine Trauer gilt den Angehörigen!“
JENA. Jena. Winzerla am Samstagvormittag: Regentropfen prasseln auf die Mannschaftswagen der Polizei, die vor einem Sechsgeschosser in der Max-steenbeck-straße stehen. In Sichtweite befinden sich ein Seniorenheim und ein Einkaufszentrum. „Was ist hier passiert?“, fragen die Passanten. „Ein Tötungsverbrechen!“Die prompte Reaktion: „Schon wieder?“Erst vor zwei Monaten hatte ein Verbrechen den Stadtteil aufgeschreckt. Nur ein paar Hundert Meter von hier entdeckte die Polizei vier Leichen in einer Wohnung. Die Ermittlungen zeigen, dass ein Mann seine Expartnerin, das gemeinsame Baby und deren neuen Bekannten umgebracht hat. Sich selbst nahm er ebenfalls das Leben. Nun fand die Polizei in der Nacht zum Samstag die Leiche einer Seniorin im Keller ihres Hauses. Die Tochter und eine Bekannte hatten die Frau seit zwei Tagen vermisst und waren am Freitag kurz vor Mitternacht zur Jenaer Polizei gegangen. „Zum üblichen Vorgehen gehört, erst in der Wohnung und in den Nebengelassen zu suchen“, sagt Polizeisprecher Patrick Martin. Deshalb dauert es nicht lange bis zu einem grausigen Fund. Nachts um 2 Uhr entdeckten die Einsatzkräfte die Leiche der 87-Jährigen in einer Kellerbox des Wohnhauses. Schnell wird klar, dass ein Gewaltverbrechen in Betracht kommt. Die Polizei sichert noch in der Nacht die Spuren am Tatort. Anwohnern fällt auf, wie Polizisten in weiße Overalls steigen. Die Leiche bringen sie nach Lobeda zur Rechtsmedizin des Universitätsklinikums, um bei der Sektion die Todesursache zu klären. Schnell gerät ein anderer Bewohner des Hauses in Verdacht. Die Polizei fahndet nach dem Mann, den sie gegen 14 Uhr bereits festnimmt. Der Zugriff erfolgt in Erfurter Stadtzentrum. Sie führen den Mann in Pelzjacke und schwarzer Hose – der 23-Jährige stammt aus Afghanistan – aus einem Gebäude in einer Querstraße des Angers. Noch vorm Einsteigen ins Polizeiauto ziehen sie dem Tatverdächtigen einen Overall über, um eine Kontaminierung der Spuren auf der Kleidung zu verhindern. Die Polizei hält sich mit Informationen zurück, schreibt zunächst von einem Tatverdächtigen nichtdeutscher Herkunft. Daraufhin sperren viele Jenaer Facebook-gruppen die Kommentarfunktion. „Mit Trauer, Entsetzen und Abscheu haben wir von dem Tötungsdelikt an einer 87-jährigen Jenaerin erfahren. Wir sind tief betroffen und in Gedanken bei den Angehörigen und Freunden, denen wir unserer tiefstes Mitgefühl aussprechen“, erklärt die Partei Die Linke. „Jegliche Form einer Kollektivverurteilung von Menschen mit Migrationshintergrund wird von uns abgelehnt.“Die Grünen-kreissprecher Christine Schickert und Wolfgang Volkmer schicken ebenfalls eine Erklärung: „Jegliche Form von Gewalt und Kriminalität verurteilen wir unabhängig von der Herkunft des mutmaßlichen Täters. Wir bedanken uns bei den Behörden für diesen Fahndungserfolg und vertrauen darauf, dass Jena auch weiterhin ein Ort der Toleranz, Solidarität und Freiheit bleibt.“Am Sonntag ist die Polizei wieder im Großeinsatz, diesmal im Umfeld des Gebäudes. Noch immer stehen mehrere Mannschaftswagen in der Straße, dazu mehrere zivile Fahrzeuge der Kriminalpolizei. Polizisten durchkämmen Mülltonnen und suchen die Dächer von Haltestellen-häuschen ab. „Das gehört zum üblichen Vorgehen bei Tötungsdelikten“, erläutert Polizeisprecher Patrick Martin. Schließlich müsse damit gerechnet werden, dass der Täter im Umfeld des Tatortes Gegenstände wegwerfe, beispielsweise ein Taschentuch, mit dem er etwas abgewischt hat. „Daran können sich für uns wertvolle Dna-spuren befinden“, sagt Martin. Am späten Nachmittag findet der Termin zur Haftprüfung in Gera statt. Der Bereitschaftsrichter hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft darüber zu entscheiden, ob der Tatverdächtige vorläufig ins Gefängnis kommt. Mögliche Gründe sind bei einem dringenden Tatverdacht beispielsweise die Flucht- und Verdunklungsgefahr. Der Richter sieht die Bedingungen für den Haftbefehl gegeben. Der Beschuldigte schweigt. Der Polizei bringt den Mann in eine Justizvollzugsanstalt. Die Untersuchungshaft darf in der Regel bis zu sechs Monate dauern. In dieser Frist muss die Staatsanwaltschaft Anklage erheben, falls die Ermittlungen den Tatverdacht bestätigen. Ein mögliches Verfahren findet vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichtes Gera statt.