Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Blaue Partei will in Thüringer Landtag
Petry: zweistelliges Ergebnis möglich – Umfrage im Sommer: In Sachsen Potenzial von neun Prozent
EISENACH. Die von der ehemaligen Afd-chefin Frauke Petry gegründete Blaue Partei peilt in diesem Jahr den Einzug in zwei ostdeutsche Landtage an. Für Sachsen hatte das Meinungsforschungsinstitut Insa im vergangenen Sommer ein mögliches Wählerpotenzial von neun Prozent ermittelt. „Angesichts dieser Prognose halte ich auch zehn Prozent plus für möglich. Und wenn wir in Sachsen in dem Bereich landen, ist auch in Thüringen ein zweistelliges Ergebnis drin“, sagte Blauen-vorsitzende Petry dieser Zeitung. Voraussetzung sei es allerdings, dass die Partei bis dahin ihren Bekanntheitsgrad steigere. Etwa 40 Mitglieder der Blauen verabschiedeten am Samstag beim Bundesparteitag in Eisenach ein Europawahlprogramm und eine Kandidatenlisten. Sie wird angeführt vom Eu-parlamentarier, einstigen Chef der nordrhein-westfälischen Afdlandtagsfraktion und Petryehemann, Marcus Pretzell. Die Blaue Partei hat nach eigenen Angaben bundesweit 154 Mitglieder, in Thüringen 20, die politische Vorfeldorganisation Blaue Wende „deutlich über 5000 Mitglieder“.
ARNSTADT/ERFURT. Lars Oschmann bleibt sachlich – aber der Landesvorsitzende des Thüringer Feuerwehrverbandes muss an der ein oder anderen Stelle schlucken. Vor allem die Landesfeuerwehrschule ist ihm ihn ihrem jetzigen Zustand ein Dorn im Auge – er kritisiert das Krisenmanagement der Landesregierung scharf.
Die Attacken auf Einsatzkräfte nehmen immer weiter zu. Warum ist es noch erstrebenswert, sich ehrenamtlich in der Einsatzabteilung der Feuerwehr zu engagieren?
Gewalt gegen Einsatzkräfte stellt ein Thema dar. Aber, und da sage ich ‚Zum Glück‘, sind das in Thüringen nur punktuelle Angriffe. Ein Blick auf das Lagebild zu Silvester zeigt, dass es zum Beispiel in Erfurt keinen einzigen Angriff auf Einsatzkräfte gegeben hat.
2018 wurde ein Lkw-fahrer zu 1000 Euro Geldstrafe verurteilt nach einer Attacke auf eine Feuerwehrkameradin. Stellen Sie solche Urteile zufrieden?
Ich bin Jurist und damit grundsätzlich gegen Justizschelten.
Aber Sie sind auch Feuerwehr-lobbyist.
Selbstverständlich. Eine Attacke auf eine Einsatzkraft muss strafverschärfend wirken.
Meine Frage beantwortet das nicht ganz. Aber: Die Gesetze, dass Attacken auf Einsatzkräfte schärfer bestraft werden sollen, sind nicht alt.
Deshalb muss an die Richter in diesem Land appelliert werden, dass sie bei Attacken gegen Einsatzkräfte noch genauer hinschauen und diese Gesetze mit Blick auf die Strafzumessung auch anwenden. Der Strafrahmen selbst ist ausreichend, er muss nur konsequent angewandt werden durch die Thüringer Justiz.
Aber die Dunkelziffer der Vorkommnisse, die nicht zur Anzeige gebracht werden, dürfte nach wie vor hoch sein.
Deshalb appellieren wir als Landesfeuerwehrverband an die Kameradinnen und Kameraden auch wirklich alle Fälle zur Anzeige zu bringen. Wenn wir erreichen wollen, dass die Gesellschaft reagiert, dann reicht nicht allein der Ruf nach der Justiz. Wir als Feuerwehrleute müssen auch wirklich jede Entgleisung zur Anzeige bringen.
Wann hat das zugenommen mit der Gewalt gegen Einsatzkräfte?
Das gibt es schon immer.
Aber?
Die Hemmschwelle sinkt deutlich.
Sie spielen auf den Fall in Thüringen an, bei dem ein Kamerad mit Benzin übergossen wurde.
Genau solche extremen Fälle kennen wir von früher nicht.
Deshalb müsste Gewalt gegen Einsatzkräfte in der Ausbildung einen breiteren Raum einnehmen.
Dort findet das Thema statt. Feuerwehrleute müssen aber die Polizei hinzuziehen, wenn es einen Angriff auf sie gibt. Wir spielen nicht Hilfspolizei.
Wie stellen Sie sich als Verband zur miserablen Lage an der Feuerwehrschule, …
… die über Jahre entstanden ist. Die Personalsituation wird nicht besser, weil der Markt für die Lehrkräfte leer ist, und die notwendigen Bau- und Sanierungsmaßnahmen finden nur schleppend statt.
Also?
Man muss die Kräfte im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst erstmal ausbilden. Mit Glück kann man die ausgebildete Kraft dann übernehmen, wenn man ihr eine attraktive Stelle anbietet.
Wie attraktiv ist das in Thüringen?
Die Lage der Landesfeuerwehrschule ist nicht attraktiv und nicht unbedingt zentral. Gleichwohl steht sie in Bad Köstritz und damit müssen wir umgehen und die Feuerwehrleute machen das seit 1994.
Die Landesregierung hat aber immerhin zusätzliche Stellen geschaffen, damit keine Kurse mehr ausfallen.
Ja und davon bleibt ein Großteil leider offen. Zwei wurden im vergangenen Jahr besetzt. Zwei blieben offen. Jetzt, in 2019, könnten leider erneut drei Stellen offen bleiben.
Und Kurse fallen weiter aus.
Genau. Und in einer solchen Lage muss man sich auf die Kernaufgaben konzentrieren.
In Thüringen ist man besonders stolz auf die Tunnelübungsanlage.
Jetzt rufe ich Ihnen in Erinnerung, dass der Landesfeuerwehrverband bei der Eröffnung dieser Anlage nicht vertreten war … Es hilft uns keine Eisenbahnübungsanlage oder eine Diskussion um internationale Waldbrandbekämpfungs-kurse. Da werden Lehrkraftkapazitäten gebunden, die wir anderswo, bei der Basisausbildung, viel dringender brauchen. Das Innenministerium muss nicht nur erkennen, dass es ein Problem an der Landesfeuerwehrschule gibt, sondern entsprechend handeln.
Also abspecken bei der Tunnelausbildung?
Anders. Es gibt eine hochmoderne Ausbildungsstätte in der Schweiz. Warum nehmen wir nicht das Geld, das sowieso ausgegeben wird, und schicken unsere Feuerwehrleute für ihre Ausbildung dorthin und lassen Drittanbieter unsere Speziallehrgänge übernehmen. Oder wir beleben die Initiative Mitteldeutschland wieder.
In welcher Schublade liegt die?
Es wurde über eine Kooperation geredet, aber auf Ebene der Landesfeuerwehrschulen funktioniert sie nicht so richtig. Es gibt viel mehr Synergien. Uns gefällt aber vor allem das Krisenmanagement des Thüringer Innenministeriums nicht.
Konkret?
Im Innenministerium stellt sich derzeit niemand die Frage, welche Lehrgänge zwingend abgesichert werden müssen. Deshalb fordern wir eine Prioritätenliste ein für die Lehrgänge, die sich an den tatsächlichen Kapazitäten orientiert. Der Betrieb an der Feuerwehrschule muss auf ein Maß zurückgefahren werden, bei dem nicht massenhaft Lehrgänge ausfallen. Das wichtigste für die Feuerwehrleute ist eine funktionierende Feuerwehrschule, …
… weil ohne diese Ausbildung die Einsatzfähigkeit der Thüringer Feuerwehren gefährdet wird?
Mittelfristig ja. Denn ohne Führungskräfte habe ich keine Gruppen–undzugführersowie keine Leiter von Feuerwehren und damit auch keine Einsatzleiter. Wir müssen die Führungskräfte ohne Probleme ausbilden können. Nur neun Indianer und keinen Häuptling zu haben, das funktioniert in keinem Feuerwehreinsatz auf Dauer. Wir sind ja jetzt schon froh, dass wir in allen Feuerwehren derzeit noch Führungskräfte finden.
Wann werden sich erste Feuerwehren abmelden müssen, weil es keine Führungskräfte mehr gibt?
Naja, es wird weniger Gruppenführer und Zugführer geben. Ausrücken können die Feuerwehren zwar, aber mittelfristig wird es das Problem mit der Einsatzführung geben, die ja in der Feuerwehrdienstvorschrift klar geregelt ist.
Noch ein Thema, das für viel Aufregung gesorgt hat in Thüringen: Wann funken die Thüringer Feuerwehren flächendeckend digital?
Wir sind in der Umstellung, die bei den Feuerwehren funktioniert. Aber der Flaschenhals der Rettungsleitstellen wird zum Problem. Denn die Finanzierung der Umstellung an der Stelle stockt, weil ja die Zusammenlegungen von Leitstellen direkt bevor steht. Hier erwarten wir als Verband, dass das Land viel stärker führt und gegebenenfalls auch finanziert und sich da nicht so stark auf die kommunale Selbstverwaltung zurückzieht.
Meine Frage sind Sie jetzt gut umgangen. Wann wird in Thüringen komplett digital gefunkt bei den Feuerwehren?
Der Frage bin ich ausgewichen, weil ich sehe, was wir 2018 auf dem Weg dahin erst geschafft haben. Ich gehe nicht davon aus, dass wir bis 2021 flächendeckend digital funken. Abgesehen davon steht die Entscheidung über die künftige Alarmierung ohnehin noch aus.
Bedeutet?
Die Investitionen belaufen sich auf 29 Millionen Euro bis 60 Millionen Euro. Land und Landkreise sind sich aber über die Finanzierung nicht einig. Und wenn der Tag da ist, an dem das Analogsystem abgeschafft wird, dann braucht es eine Lösung.
Wann muss die her?
Am besten sofort. Denn die Umsetzung einer generellen Entscheidung zum Aufbau eines neuen, digitalen Alarmierungssystems wird bis zu acht Jahre dauern. Je länger diese Entscheidung dauert umso mehr zieht man den Umbau nach hinten und erhöht das Risiko, dass der Hersteller der Analogsysteme irgendwann einmal sagt, dass er jetzt abschaltet, weil er die Systeme nicht mehr nur für Thüringen aufrecht erhalten will.
„Nur neun Indianer und keinen Häuptling zu haben, das funktioniert in keinem Feuerwehreinsatz.“
Lars Oschmann, Landesvorsitzender des Thüringer Feuerwehrverbandes