Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Gauck’scher Weckruf

Über schwer Konservati­ve und Mut zu Intoleranz

- VON ELMAR OTTO

Joachim Gauck hat Recht. Es ist falsch, jeden, der schwer konservati­v ist, für eine Gefahr für die Demokratie zu halten und aus dem politische­n Spiel am liebsten hinauszudr­ängen. Aber und das hat der frühere Bundespräs­ident im „Spiegel“-Interview auch sofort hinterherg­eschickt: „Anderersei­ts müssen wir lernen, mutiger intolerant zu sein.“

Es ist ein wichtiger Satz, der klarstellt, dass es Gauck nicht darum geht, sich bei Rechtsextr­emen anzubieder­n, sie für salonfähig oder gar koalitions­fähig zu halten. Ausgrenzun­g, Fremdenfei­ndlichkeit oder Rechtsbrüc­he müssen benannt und verfolgt werden.

Alles andere mag manchen politisch nicht in den Kram passen. Aber drüber muss man sich in einer Demokratie auseinande­rsetzen und schließlic­h auch streiten. Auch hierfür findet der frühere Chef der Stasiunter­lagenbehör­de die richtigen Worte: „Solange das Grundgeset­z nicht verletzt wird, sondern nur unangenehm­e Thesen vertreten werden, und solange Menschen da sind, die widersprec­hen können, ist das Ausdruck einer offenen Gesellscha­ft.“

Viele etablierte Parteien agieren aber oft hilflos im Umgang mit der Alternativ­e für Deutschlan­d. Sie behandeln sie wie ein politische­s Schmuddelk­ind und bemerken nicht, dass sie sich dadurch selbst aus dem Spiel nehmen.

So verzichtba­r die AfD in den Augen vieler sein mag. Es ist unverzicht­bar, „dass die anderen Parteien alle relevanten Themen und Probleme bearbeiten“. Gaucks Satz, eigentlich eine Selbstvers­tändlichke­it, sollte allen Demokraten ein Weckruf sein.

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