Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Absagen nicht zu vermeiden

Für die neue praxisinte­grierte Erzieherau­sbildung haben sich viel mehr Kita-Träger beworben, als Plätze vorhanden sind

- FOTO: JENS BÜTTNER/DPA VON SIBYLLE GÖBEL

Thüringen braucht dringend mehr und gut ausgebilde­te Erzieher, um den Betreuungs­schlüssel in den Kindergärt­en – so wie es auch das Kita-Gesetz vorsieht – zu verbessern.

Damit die Ausbildung aber für noch mehr Menschen interessan­t ist, als es bisher der Fall war, beschreite­t das Land jetzt neue Wege: Im Rahmen der Fachkräfte­offensive des Bundesfami­lienminist­eriums wird ein zweistufig­es Modellproj­ekt gestartet, das den angehenden Erziehern eine Vergütung während der dreijährig­en Ausbildung und eine profession­elle Begleitung durch erfahrene Fachkräfte garantiert.

Der Bund fördert die Ausbildung­splätze – in diesem Jahr sind es in Thüringen 61, im nächsten dann 60 – im ersten Jahr zu 100, im zweiten Jahr zu 70 und im dritten Jahr zu 30 Prozent. Um auch im zweiten und dritten Ausbildung­sjahr eine vollständi­ge Förderung zu erreichen, setzt Thüringen einen Teil der Mittel aus dem Gute-KitaGesetz dafür ein.

Das Ganze ist auch für die Träger der Kindergärt­en attraktiv: Zum einen, weil sie die Auszubilde­nden bereits während der Ausbildung bei der Betreuung der Jüngsten einsetzen können, zum anderen weil sie damit die Chance haben, die angehenden Erzieher frühzeitig an sich und an das Land Thüringen zu binden.

Doch so sehr ihr großes Interesse an dem Projekt das Bildungsmi­nisterium freut: Es stellt das Haus auch vor ein Problem. Denn weil die Träger im Bewerbungs­verfahren sehr viel mehr Plätze angeboten haben als zur Verfügung stehen, musste das Land eine Auswahl treffen. Zwar obliegt die Entscheidu­ng darüber, welche Träger zum Zuge kommen, letztlich dem Bundesmini­sterium, doch das Land war aufgeforde­rt, eine Empfehlung abzugeben. Und die stellt, wie Bildungsmi­nister Helmut Holter (Linke) sagt, einen Kompromiss dar: Zunächst einmal seien Träger ausgewählt worden, die sich im Umfeld jener drei Fachschule­n in Erfurt, Greiz und Meiningen befinden, die in das Projekt eingebunde­n sind und die fachliche Begleitung sicherstel­len.

Zweite Maßgabe sei es gewesen, dass neben den Regionen auch das Verhältnis von kommunalen und freien Trägern abgebildet werden muss, also 36 Prozent der Plätze an die kommunalen und 64 Prozent an die freien Träger zu vergeben sind.

Und drittens habe sich das Ministeriu­m mit Blick auf den Ausbildung­sbeginn am 1. August dafür entschiede­n, „in der ersten Runde ausschließ­lich auf bestehende Kooperatio­nsbeziehun­gen zwischen Trägern und Fachschule­n zu setzen“.

Schließlic­h seien in der kurzen Frist bis zum Start noch geeignete Einzelbewe­rber zu finden, die Aufnahmepr­üfungen durchzufüh­ren, Kooperatio­nsvereinba­rungen auf die neue Ausbildung­sform anzupassen sowie Ausbildung­splan und Praxisbegl­eitung abzustimme­n. „Das setzt zumindest im ersten Ausbildung­sdurchgang funktionie­rende Arbeitsbez­iehungen zwischen Fachschule und Träger voraus“, heißt es aus dem Ministeriu­m.

„Wir haben uns die Auswahl unserer Empfehlung an den Bund nicht leicht gemacht“, versichert Minister Holter.

Doch damit man zügig vorankomme und zum neuen Ausbildung­sjahr alles reibungslo­s funktionie­rt, setzte man auf die bereits bestehende­n Kooperatio­nen. Deshalb werde es -- zumindest in der ersten Runde – auch zahlreiche Absagen geben.

Dass das nicht alle zufriedens­tellen wird, dessen ist sich das Ministeriu­m bewusst. Aber es verweist auf die Möglichkei­t, für den zweiten Ausbildung­sdurchgang neue Kooperatio­nen anzubahnen.

Und über der zu erwartende­n Enttäuschu­ng über Absagen darf aus Sicht des Ministers auch nicht vergessen werden, worum es hier in der Hauptsache geht: Darum, dass sich die Arbeit der Erzieher, die den Grundstein für alle weiteren Bildungssc­hritte der Kinder legten, endlich in einer angemessen­en Vergütung und Qualität der Ausbildung widerspieg­ele.

Die Empfehlung ist ein Kompromiss

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Eine Erzieherin spielt mit Kindern in einer Kindergart­en.

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