Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Absagen nicht zu vermeiden
Für die neue praxisintegrierte Erzieherausbildung haben sich viel mehr Kita-Träger beworben, als Plätze vorhanden sind
Thüringen braucht dringend mehr und gut ausgebildete Erzieher, um den Betreuungsschlüssel in den Kindergärten – so wie es auch das Kita-Gesetz vorsieht – zu verbessern.
Damit die Ausbildung aber für noch mehr Menschen interessant ist, als es bisher der Fall war, beschreitet das Land jetzt neue Wege: Im Rahmen der Fachkräfteoffensive des Bundesfamilienministeriums wird ein zweistufiges Modellprojekt gestartet, das den angehenden Erziehern eine Vergütung während der dreijährigen Ausbildung und eine professionelle Begleitung durch erfahrene Fachkräfte garantiert.
Der Bund fördert die Ausbildungsplätze – in diesem Jahr sind es in Thüringen 61, im nächsten dann 60 – im ersten Jahr zu 100, im zweiten Jahr zu 70 und im dritten Jahr zu 30 Prozent. Um auch im zweiten und dritten Ausbildungsjahr eine vollständige Förderung zu erreichen, setzt Thüringen einen Teil der Mittel aus dem Gute-KitaGesetz dafür ein.
Das Ganze ist auch für die Träger der Kindergärten attraktiv: Zum einen, weil sie die Auszubildenden bereits während der Ausbildung bei der Betreuung der Jüngsten einsetzen können, zum anderen weil sie damit die Chance haben, die angehenden Erzieher frühzeitig an sich und an das Land Thüringen zu binden.
Doch so sehr ihr großes Interesse an dem Projekt das Bildungsministerium freut: Es stellt das Haus auch vor ein Problem. Denn weil die Träger im Bewerbungsverfahren sehr viel mehr Plätze angeboten haben als zur Verfügung stehen, musste das Land eine Auswahl treffen. Zwar obliegt die Entscheidung darüber, welche Träger zum Zuge kommen, letztlich dem Bundesministerium, doch das Land war aufgefordert, eine Empfehlung abzugeben. Und die stellt, wie Bildungsminister Helmut Holter (Linke) sagt, einen Kompromiss dar: Zunächst einmal seien Träger ausgewählt worden, die sich im Umfeld jener drei Fachschulen in Erfurt, Greiz und Meiningen befinden, die in das Projekt eingebunden sind und die fachliche Begleitung sicherstellen.
Zweite Maßgabe sei es gewesen, dass neben den Regionen auch das Verhältnis von kommunalen und freien Trägern abgebildet werden muss, also 36 Prozent der Plätze an die kommunalen und 64 Prozent an die freien Träger zu vergeben sind.
Und drittens habe sich das Ministerium mit Blick auf den Ausbildungsbeginn am 1. August dafür entschieden, „in der ersten Runde ausschließlich auf bestehende Kooperationsbeziehungen zwischen Trägern und Fachschulen zu setzen“.
Schließlich seien in der kurzen Frist bis zum Start noch geeignete Einzelbewerber zu finden, die Aufnahmeprüfungen durchzuführen, Kooperationsvereinbarungen auf die neue Ausbildungsform anzupassen sowie Ausbildungsplan und Praxisbegleitung abzustimmen. „Das setzt zumindest im ersten Ausbildungsdurchgang funktionierende Arbeitsbeziehungen zwischen Fachschule und Träger voraus“, heißt es aus dem Ministerium.
„Wir haben uns die Auswahl unserer Empfehlung an den Bund nicht leicht gemacht“, versichert Minister Holter.
Doch damit man zügig vorankomme und zum neuen Ausbildungsjahr alles reibungslos funktioniert, setzte man auf die bereits bestehenden Kooperationen. Deshalb werde es -- zumindest in der ersten Runde – auch zahlreiche Absagen geben.
Dass das nicht alle zufriedenstellen wird, dessen ist sich das Ministerium bewusst. Aber es verweist auf die Möglichkeit, für den zweiten Ausbildungsdurchgang neue Kooperationen anzubahnen.
Und über der zu erwartenden Enttäuschung über Absagen darf aus Sicht des Ministers auch nicht vergessen werden, worum es hier in der Hauptsache geht: Darum, dass sich die Arbeit der Erzieher, die den Grundstein für alle weiteren Bildungsschritte der Kinder legten, endlich in einer angemessenen Vergütung und Qualität der Ausbildung widerspiegele.
Die Empfehlung ist ein Kompromiss