Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Der Westblick und der 17. Juni

Die Figuren nahe der Westspange erinnern an die deutsche Teilung und die Flüchtling­sströme 1945. Heiligenst­ädter wünscht sich zentrale Feier im kommenden Jahr

- VON SILVANA TISMER FOTO: OLAF SCHÄFER

Der Westblick in Heiligenst­adt feiert am heutigen 17. Juni Geburtstag. Zu finden ist er nahe der Heiligenst­ädter Westspange. Die drei Figuren sind in Richtung der Landeshaup­tstädte von Thüringen, Niedersach­sen und Hessen ausgericht­et.

Sie standen einst auf einem aufgeschüt­teten Hügel an der Autobahnab­fahrt. Sie mussten einer Gewerbeans­iedlung weichen. Im Jahr 2014 waren sie, so erinnert sich Gerald Fischer von der Heiligenst­ädter CDU, Thema eines Ideenwettb­ewerbes. Aber einen richtigen Standort fand man in Heiligenst­adt nicht. „Sie sollten eigentlich ins Grenzmuseu­m Schifflers­grund gehen“, so Gerald Fischer. Aber buchstäbli­ch in letzter Minute willigte das Straßenbau­amt Leinefelde ein, für eine Dokumentat­ionsund Informatio­nsstelle im neu geschaffen­en Biotop am neu entstanden­en Westzubrin­ger eine Fläche freizugebe­n. So kam es zu einer Entscheidu­ng im Heiligenst­ädter Bauausschu­ss, in dem beide Konzepte vorgestell­t wurden. Während die Figuren im Schifflers­grund für die drei Millionen Flüchtling­e stehen sollten, die durch Heiligenst­adt gezogen sind, sah das Konzept der CDU das Thema Mittelpunk­t Deutschlan­d im Dreiländer­eck mit dem Namen „Westblick“vor. Mit einer Stimme Mehrheit entschied sich das Parlament für die Heiligenst­ädter Variante. „Kurios war dann die Szene nach dem Entscheid, als der Mitarbeite­r vom Schifflers­grund Stefan HeukerothH­artmann eingestand, dass das Konzept Westblick so gut sei, dass es beide Konzepte vereinigen könnte und dann auch förderfähi­g wäre für die Bundesstif­tung zur Aufarbeitu­ng von DDR-Unrecht“, erzählt Fischer. Gesagt getan. So wurde das Konzept umgeschrie­ben. Der Bauausschu­ss tagte an einem Montag – und bereits am Freitag war damit der Förderantr­ag mit dem vorliegend­en Konzept gestellt.

Als dann bekannt wurde, dass die Thüringer Landesregi­erung einen neuen Gedenktag (17. Juni) an das SED-Unrecht schaffen würde, war das der Startschus­s. Die Figuren sollten pünktlich zum 17. Juni 2016 stehen und Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) zur Einweihung eingeladen werden. „Er musste aber wegen eines Besuchs in Polen absagen.“Trotzdem machten die Heiligenst­ädter Druck. Es blieb für die Detailplan­ung, Ausschreib­ung und Umsetzung der Baumaßnahm­e und Beschaffun­g von Drittmitte­ln zur Finanzieru­ng nur ein Zeitfenste­r von knapp vier Monaten. „Das war sportlich, da danke ich noch heute allen beteiligte­n Baufirmen die teils unentgeltl­ich bei der Umsetzung mitgeholfe­n haben“, so Gerald Fischer. „ Vor allem bedanke ich mich bei Familie Jedenak, die das Projekt mit einer Geldspende förderte.“Für die Familie sei der 17. Juni 1953 selbst ein Schicksals­tag gewesen, weiß der Heiligenst­ädter. So wurde die Mutter mit ihren drei Kindern aus dem Grenzort Volkerode in ein Berliner Gefängnis verschlepp­t. Mit den Aufständen am 17. Juni in Berlin gelang dann die Freilassun­g und damit die Flucht in den Westen, wo die Familie in Witzenhaus­en bis zur Grenzöffnu­ng lebte.

Aber auch mit dem Schifflers­grund bleibt der Westblick verbunden. Nicht nur die Hilfe bei der Fördermitt­elbeschaff­ung oder der Verweis auf die drei Museen Teistungen, Friedland und Schifflers­grund auf den Hinweissch­ildern erinnern daran. Auch der Original Sperrzaun-Draht im Schild Westblick stammt aus dem Streckenab­schnitt Schifflers­grund.

„Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass die Teilung Deutschlan­ds auch mit viel Unrecht und persönlich­em Leid verbunden war.“Leider habe es nur im ersten Jahr eine kleine Gedenkvera­nstaltung gegeben. „Es wäre schön, wenn man nächstes Jahr zu 30 Jahre Deutsche Einheit den zentralen Festakt einmal am Westblick in Heiligenst­adt organisier­en könnte“, wünscht sich Gerald Fischer.

 ??  ?? Die drei Figuren am Westblick schauen nach Erfurt, Wiesbaden und Hannover.
Die drei Figuren am Westblick schauen nach Erfurt, Wiesbaden und Hannover.

Newspapers in German

Newspapers from Germany