Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Ehrenamt braucht Hauptamt
90 Teilnehmer sprechen beim diesjährigen Elisabethtag der Caritasregion Eichsfeld/Nordthüringen über Zukunftsfragen
Mit einem großen Blumenstrauß verließ am Sonnabend Wolfgang Langer, Diözesan-Caritasdirektor im Bistum Erfurt, nach dem Gottesdienst die Propsteikirche St. Marien. Mechthild Windolph aus Heiligenstadt hatte den blühenden Gruß im Namen der Ehrenamtler überreicht, die sich zum jährlichen Elisabethtag der Caritas trafen. Diesmal stand er unter dem Motto „Caritas im Ehrenamt – Wohin soll‘s geh‘n?“Beglückwünscht wurde Wolfgang Langer zu seiner am 25. Mai im Erfurter Mariendom erfolgten Weihe zum Ständigen Diakon.
In den Gemeinden sehen, wo Not herrscht
In gewohnter Weise wurde der Begegnungstag im Marcel-Callo-Haus fortgesetzt, wo sich der Caritas-Repräsentant an die ehrenamtlichen Helfer aus den Kirchengemeinden der Caritasregion Eichsfeld/Nordthüringen wandte: „Sie leben mittendrin, Sie sehen, wo Not herrscht – und damit ist nicht nur materielle Not gemeint. Wir, die Caritasmitarbeiter, erhalten von Ihnen die Rückmeldungen.“
Über die große Teilnehmerzahl freute sich auch Stefanie Schmerbauch, Leiterin der Caritasregion Eichsfeld/Nordthüringen, waren doch 90 Frauen und Männer gekommen – viel mehr als vor einigen Jahren. Nächstenliebe sei das unverzichtbare Markenzeichen der Caritas, so Wolfgang Langer. Besonders im Osten Deutschlands fühlten sich manche Menschen „abgehängt“, ginge ihnen die gesellschaftliche Entwicklung zu schnell, Familienstrukturen würden sich ändern, ein großes Problem sei die Vereinsamung alter Menschen.
Schon in seiner Predigt und auch danach während der Tagung hatte Bischof Ulrich Neymeyr seine Wertschätzung der Ehrenamtlichen zum Ausdruck gebracht, die im Sinne der Heiligen Elisabeth, der Bistumspatronin, tätige Nächstenliebe ausüben. In den einzelnen Gesprächsrunden wurden aktuelle Fragen anhand konkreter Beispiele aus den Heimatorten der Beteiligten angeregt diskutiert: Wie geht es vor Ort weiter? Müssen die Weichen neu gestellt werden? Wie können unter den veränderten Rahmenbedingungen junge Menschen für das Caritas-Ehrenamt begeistert werden, damit der Helferkreis nicht kleiner wird?
Die Auswertung zeigte: Werden Ehrenamtler für verschiedene kurzzeitige Projekte oder für ein besonderes Event gesucht, gibt es sogleich Zustimmung und tatkräftige Hilfe. Schwieriger ist es, Jugendliche und junge Erwachsene, viele Berufstätige, für eine ständige, regelmäßige Präsenz im Ehrenamt zu gewinnen. Häufig bevorzugen sie bei eigener Zeiteinteilung freiwillige Verpflichtungen, nicht gebunden an einen konkreten Wochentag und eine bestimmte Stunde.
Gemäß der diesjährigen Caritas-Kampagne „Sozial braucht digital“gehört das Nutzen sozialer Netzwerke zum Alltag, um junge Leute zu erreichen. Doch ersetzen eine SMS oder ein allgemeiner Aufruf nicht die direkte, persönliche Ansprache. Ebenso wichtig ist die Einbeziehung überzeugter Junggebliebener, das heißt von neu in den Ruhestand Eingetretenen.
Gebeten wurden die Versammelten, die Augen und Ohren offen zu halten, falls sie in ihrem Umfeld einen konkreten, bisher oft ungekannten Hilfebedarf vermuten: Die Projektmitarbeiter Laurentia Moisa, Caritas, und Fabian Walpuski, Thüringer Volkshochschulverband Jena, stellten neue, auch für Heiligenstadt und das Eichsfeld zutreffende Alphabetisierungsmöglichkeiten vor. Denn immerhin leben gegenwärtig in Thüringen 200.000 Erwachsene, die nicht richtig lesen und schreiben können und das meist vor der Öffentlichkeit verbergen.
Als ein Ergebnis des Tages unterstrichen alle Ehrenamtlichen die gute Zusammenarbeit mit den Caritasmitarbeitern, denn, so ihre einhellige Meinung: „Ehrenamt braucht Hauptamt.“