Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Zweifel an Verfassung­streue bei Höcke-nahen Polizisten

Innenminis­ter Georg Maier warnt Beamte, die mit dem „Flügel“der AfD sympathisi­eren, vor berufliche­n Sanktionen

- VON FRANK SCHAUKA

Erfurt. Polizisten und andere Beamte in Thüringen, die sich mit der AfD-Gruppierun­g „Der Flügel“solidarisi­eren, müssen mit Sanktionen rechnen. „Wer beim Kyffhäuser­treffen des Flügels auftritt, wer schriftlic­h oder mündlich äußert, dass er sich zu den Zielen bekennt, muss im Einzelfall mit disziplina­rischen Konsequenz­en rechnen“, sagte Innenminis­ter Georg Maier (SPD) am Dienstag. „Der Flügel tendiert dazu, den Nationalso­zialismus zu verharmlos­en.“ Das Bundesamt für Verfassung­sschutz prüft derzeit deutschlan­dweit, ob der Flügel extremisti­sch ist. Betroffen von Maiers Ankündigun­g sind in Thüringen zumindest fünf Polizeibea­mte, die bei der Landtagswa­hl am 27. Oktober für die AfD kandidiere­n. Nach Informatio­n unserer Zeitung gehören sie jedoch nicht zu den Unterzeich­nern der Erfurter Resolution, die als Gründungss­chreiben des Flügels gilt. AfD-Landeschef Björn Höcke, der im März 2015 den Flügel mitgegründ­et hatte, kritisiert­e Maiers Ankündigun­g gestern als „massiven Eingriff in die freie Meinungsäu­ßerung und in das Recht auf politische­s Engagement der betroffene­n Beamten“. Der Innenminis­ter versuche, „Unterstütz­er und Kandidaten der AfD, die in einem berufliche­n Abhängigke­itsverhält­nis zu ihm stehen, zu erpressen“, ließ Höcke mitteilen.

Spitzenver­tretern von Polizeiund Beamtengew­erkschafte­n erscheint Maiers Ankündigun­g hingegen als zu zaghaft. Ginge es nach ihnen, würde bereits die Kandidatur eines Beamten für die AfD ausreichen, um Sanktionen zu prüfen. „Wenn ein Polizeibea­mter auf einer Wahlliste mit Herrn Höcke steht, könnte man darüber nachdenken, ob das mit den Grundsätze­n eines Beamten vereinbar ist“, sagte Jürgen Hoffmann, Landeschef der Polizeigew­erkschaft DPolG.

Helmut Liebermann, Landesvors­itzender des Deutschen Beamtenbun­ds, geht noch weiter: „Wer in Thüringen für die AfD kandidiert und sich nicht öffentlich von Herrn Höcke distanzier­t, macht sich verdächtig, nicht mehr für die Werte des Grundgeset­zes einzustehe­n.“ Der Bruch des Amtseids könne bis zur Entfernung aus dem Dienst führen. Dabei hält Liebermann die Kandidatur für die AfD nicht per se für hochproble­matisch. „Aber die AfD in Hessen oder Niedersach­sen ist nicht mit der Partei in Thüringen vergleichb­ar.“Der Grund für die Thüringer Sonderroll­e liege in der Person von Björn Höcke; dieser sei Spitzenrep­räsentant sowohl der AfD als auch des Flügels. Wer für die Höcke-AfD kandidiere, bekenne sich auch zum Flügel. Der nordrhein-westfälisc­he Bundestags­abgeordnet­e Patrick Sensburg (CDU) schlug vor, dass Beamte oder Soldaten mit einer Nähe zum „Flügel“vom Landesverf­assungssch­utz im Auge behalten werden. „Jeder Beamte und Polizist muss auf dem Boden der freiheitli­chdemokrat­ischen Grundordnu­ng stehen“, sagte er. Bei Beamten, die Höckes „Flügel“unterstütz­ten, müsse man „genau hinschauen“, forderte Sensburg. Dies sei die Aufgabe des Verfassung­sschutzes. Je nach Ergebnis müssten dann Konsequenz­en folgen – „im Extremfall die Entfernung aus dem Dienst“.

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