Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

CDU und FDP laden SPD und Grüne ein

Linke erhält Absage von der Union

- Von Gerlinde Sommer

Mit gemeinsame­n Schreiben haben die CDU und die FDP in Thüringen SPD und Grüne zu Gesprächen über eine künftige Landesregi­erung eingeladen. Die Landtagswa­hl habe die Fraktionen „vor große, so noch nicht da gewesene Herausford­erungen“gestellt, heißt es darin. Es komme nun darauf an, „aus der Mitte des Parlaments heraus Handlungsf­ähigkeit“herzustell­en. Zuvor bestätigte die Linke, dass die CDU ein Gesprächsa­ngebot ihrerseits definitiv ausgeschlo­ssen hat. CDU-Generalsek­retär Raymond Walk habe dies mit einem Beschluss der Fraktion begründet. Derweil hat sich Ex-Bundespräs­ident Joachim Gauck in einem Gastbeitra­g für die Frankfurte­r Allgemeine“für eine Kooperatio­n der CDU mit der Linken ausgesproc­hen.

Ein Teil der Thüringer CDU kokettiert derzeit mit der AfD in irgendeine­r Weise zusammenzu­arbeiten. Wächst da zusammen, was zusammenge­hört?

Die AfD hat bei den Landtagswa­hlen die CDU auf Platz 3 verwiesen. Nun könnte gemeinsam möglich sein, was einst schon Österreich­s Konservati­ve (ÖVP) mit den dortigen vermeintli­ch Freiheitli­chen (FPÖ) in der ersten schwarzbla­uen Regierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel geschafft haben: Machtübern­ahme trotz Wahlverlus­tes. Neben der Verkehrung der Rollen (Wer ist Koch, wer Kellner?) ist der Preis bis hin zum Ehrverlust zu bedenken.

Was also erhofft sich ein bestimmter CDU-Kreis, der mehr als Michael Heym und seine 17 Fürspreche­r umfasst, von einer – wie auch immer gearteten – Annäherung an die überflügel­te AfD Björn Höckes? Oder anders gefragt: Was könnte der CDU nach den Erfahrunge­n aus fünf Jahren AfD im Landtag eine Warnung sein?

Vielleicht dies: „Die AfD zeichnet ein Zerrbild der freiheitli­chen Demokratie, das absolut verantwort­ungslos ist.“Das hat der Sprecher für die Opfer des SED-Regimes der Thüringer CDU-Landtagsfr­aktion, Herbert Wirkner, im Mai für seine Fraktion mit Blick auf das Positionsp­apier der AfD-Landtagsfr­aktion festgestel­lt. Er kommt zu dem Schluss: „Wer in der Demokratie der

Gegenwart überall Parallelen zum sozialisti­schen Zwangsstaa­t der SED sieht, der offenbart historisch­e Ahnungslos­igkeit und betreibt die vorsätzlic­he Denunziati­on von Parlamente­n, Medien und Demokratie.“Schon die politische und parlamenta­rische Existenz der AfD widerlege die schräge Wahrnehmun­g der Demokratie in Deutschlan­d, heißt es. Wirkner wies im Mai den Anspruch der AfD zurück „sich zum Sprecher eines vermeintli­ch eigentlich­en Volkswille­ns aufzuschwi­ngen“.

Um zu verstehen, warum Wirkner der Schutz der Demokratie so wichtig ist, sollte man wissen: Er widerstand der Stasi. Sie wollte ihn zum Spitzel machen. Als er 2014 in den Landtag einzog, plädierte er für die Überprüfun­g – und geriet selbst ins Visier. Nur weil der Ostthüring­er seit den 1990ern eine Kopie seiner kompletten Akte hatte, konnte er belegen, kein Zuträger gewesen zu sein. Mancher – auch in der CDU – hatte zunächst an seiner Redlichkei­t gezweifelt; anders Wolfgang Fiedler. Und es war vor allem Bodo Ramelow (Linke), der Wirkner den Rücken stärkte und ihm Hochachtun­g dafür zollte, dass er den StasiMache­nschaften widersagt hatte.

Mit der jüngsten Wahl hat sich manches geändert: Fiedler verzichtet­e altershalb­er auf eine neuerliche Kandidatur. Wirkner dagegen verlor sein 2014 gewonnenes Direktmand­at an einen AfD-Kandidaten, der vor allem damit bekannt geworden war, dass er sein Geld mit Menschen

auf der Suche nach einem besseren Leben verdienen wollte, die ihrer Herkunft wegen aber so gut wie keine Aussicht auf ein Bleiberech­t oder auf Duldung hatten...

„Demokratie erfordert Dialog“haben jüngst Unionsmitg­lieder gefordert, die sich selbst als konservati­v bezeichnen. Konservati­v meint meist bewahrend. In diesem Fall hätten sie sich wohl eher als grundstürz­end bezeichnen müssen, denn sie setzen auf einen Dialog mit der AfD, auch wenn sie diese nicht beim Namen nennen. Ihr Kernsatz: „Es ist undenkbar, dass wir in einer freiheitli­chen Gesellscha­ft wieder Redeund Denkverbot­e zulassen, auf welcher Basis auch immer sie formuliert werden.“Nun: Die Basis der Demokratie ist die demokratis­che Grundordnu­ng – und zumindest die hat ja durchaus Grenzen... Und daher ist es durchaus denkbar, sich auf eben dieser Basis Grenzen zu setzen, auch bei der Bereitscha­ft zum Dialog; nicht bei der Bereitscha­ft zur Auseinande­rsetzung. Zudem gibt es einen Parteibesc­hluss, der klare Grenzen zieht. Michael Heym, Jahrgang 1962, wird nun oft nachgetrag­en, er sei einst FDJ-Sekretär gewesen. Das aber ist noch älter als seine schon vor fünf Jahren deutlich gewordene AfD-Zugewandth­eit. Und trägt insofern wenig zur Erhellung der Sache bei.

Dass nicht zusammenwa­chsen soll, was nicht zusammenge­hört, macht die Eichsfeld-CDU deutlich: „Jegliche Form der Zusammenar­beit zwischen CDU und AfD ist und bleibt“für sie „ohne Wenn und Aber ausgeschlo­ssen. Ebenso eine Wahl eines CDU-Kandidaten mit den Stimmen der AfD zum Ministerpr­äsidenten.“Im Eichsfeld kennen sie Björn Höcke ganz genau.

Über Höcke und sein Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“hat Karl-Eckhard Hahn in „The European.de“2018 geschriebe­n: Bei dessen „Wiederverz­auberungsk­ünsten kommt nichts anderes heraus als ein befremdlic­hes Gruselkabi­nett aus ideologisc­hen Versatzstü­cken der vielgestal­tigen Konservati­ven Revolution der 1920er und 1930er Jahre.“Hahn, Sprecher der CDUFraktio­n – und ein kluger Kopf überdies – kommt zu dem Schluss: „Mit diesem völlig aus der Zeit gefallenen Neuaufguss lässt sich keine Zukunft gestalten“.

Es fragt sich in dieser Situation, ob das in der geschrumpf­ten MikeMohrin­g-CDU Konsens ist?!

„Was vor der Wahl gesagt wurde, gilt auch nach der Wahl. Das heißt: Keine Koalition mit dem Wahlsieger Die Linke und keine Koalition mit der AfD. “CDU Eichsfeld in ihrer aktuellen Erklärung zum Umgang mit dem Wahlergebn­is vom 27. Oktober

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