Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Kraftakt für die Waldbesitzer
Wiederaufforstung im Freistaat erfordert Anpflanzung von Millionen Bäumen
Die Wiederaufforstung der von Trockenheit und Stürmen betroffenen Thüringer Wälder steht vor großen Herausforderungen. „Die aktuellen Ziele sind nur erreichbar, wenn das Wetter mitspielt und nach der Trockenheit wieder ein paar Normaljahre folgen“, sagt Horst Sproßmann von der Landesforstanstalt Thüringenforst. Es sei aber davon auszugehen, dass 2018 und 2019 Ausnahmejahre gewesen seien.
Zuletzt kündigte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) an, dass bis 2030 etwa 200 Millionen neue Bäume gepflanzt werden sollen. In den vergangenen Jahren brach die Zahl der Pflanzungen ein: Sproßmann zufolge hatte Thüringenforst bis 2016 im Schnitt rund eine Million junger Bäume pro Jahr in die Erde gebracht. 2018 und dieses Jahr sank die Zahl auf jeweils rund 300.000. Sproßmann: „Bei Witterungsbedingungen wie in den vergangenen Jahren machte es schlicht keinen Sinn, neue Kulturen anzulegen.“Für die Bewässerung der wenigen verbleibenden Standorte wurden sogar vereinzelt Tankwagen eingesetzt. „Normalerweise wird im Wald nicht bewässert – aber wir müssen uns wohl daran gewöhnen, dass das zumindest an besonders exponierten Südhängen künftig häufiger vorkommt“, sagt er. Aktuell werden allein in der Baumschule der Forstanstalt 2,5 Millionen junge Eichen herangezüchtet, die ab Anfang 2020 ausgepflanzt werden könnten – sofern das Wetter mitspielt. Nur etwa fünf Prozent der Pflanzen müssten im Schnitt zugekauft werden.
Deutlich mehr Sorgen machen sich die privaten Waldbesitzer: „Wir erwarten für die kommenden Jahre einen enormen Engpass bei der Beschaffung von Saatgut und Pflanzen“,
so der Geschäftsführer des Waldbesitzerverbands Thüringen, Wolfgang Heyn. Es scheine sicher, dass die Nachfrage nicht befriedigt werden könne. Denn Besitzer von Waldflächen sind gesetzlich verpflichtet, größere Schäden am Bestand innerhalb von sechs Jahren zu beheben. Trotzdem rät Heyn Waldbesitzern zur Besonnenheit: „Es sollte niemand in Aktionismus verfallen. Viele Flächen werden sich in dieser Zeit erfahrungsgemäß von selbst erholen.“
Auch Martin Weigand vom Gemeindeund Städtebund Thüringen ist gegen Schnellschüsse: „Wir warten bisher auf eine offizielle Liste, welche Bäume mit Frost und Trockenheit besser zurechtkommen. Bis dahin sollten sich Waldbesitzer noch mit Pflanzungen gedulden.“
Was die finanziellen Belastungen angeht, hoffen Kommunen und private Waldbesitzer nun auf die Politik. „Wegen des niedrigen Holzpreises
fehlen den Kommunen dauerhaft die Einnahmen aus dem Verkauf“, so Weigand. Der Eigenanteil, der bei staatlichen Förderungen der Wiederaufforstung gezahlt werden muss, komme deshalb vielerorts aus dem laufenden Haushalt. „Diese Gelder fehlen dann an anderen Stellen – wie bei den Kindergärten oder im Straßenbau. Wir bitten die Landesregierung daher um eine baldige Umsetzung der angekündigten Soforthilfen.“Auch die privaten Waldbesitzer hoffen auf schnelle Unterstützung – die teils massiven Belastungen könnten sie sonst vor ernste finanzielle Probleme stellen, so Heyn. Das derzeit in Abstimmung befindliche Landesprogramm soll laut Landwirtschaftsministerium eine Vollfinanzierung der Wiederaufforstung in geschädigten Wäldern kleiner Waldbesitzer mit Forstbetriebsgrößen bis 20 Hektar ermöglichen. Weitere Maßnahmen seien in Arbeit.