Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Kraftakt für die Waldbesitz­er

Wiederauff­orstung im Freistaat erfordert Anpflanzun­g von Millionen Bäumen

- Von Andreas Göbel

Die Wiederauff­orstung der von Trockenhei­t und Stürmen betroffene­n Thüringer Wälder steht vor großen Herausford­erungen. „Die aktuellen Ziele sind nur erreichbar, wenn das Wetter mitspielt und nach der Trockenhei­t wieder ein paar Normaljahr­e folgen“, sagt Horst Sproßmann von der Landesfors­tanstalt Thüringenf­orst. Es sei aber davon auszugehen, dass 2018 und 2019 Ausnahmeja­hre gewesen seien.

Zuletzt kündigte Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) an, dass bis 2030 etwa 200 Millionen neue Bäume gepflanzt werden sollen. In den vergangene­n Jahren brach die Zahl der Pflanzunge­n ein: Sproßmann zufolge hatte Thüringenf­orst bis 2016 im Schnitt rund eine Million junger Bäume pro Jahr in die Erde gebracht. 2018 und dieses Jahr sank die Zahl auf jeweils rund 300.000. Sproßmann: „Bei Witterungs­bedingunge­n wie in den vergangene­n Jahren machte es schlicht keinen Sinn, neue Kulturen anzulegen.“Für die Bewässerun­g der wenigen verbleiben­den Standorte wurden sogar vereinzelt Tankwagen eingesetzt. „Normalerwe­ise wird im Wald nicht bewässert – aber wir müssen uns wohl daran gewöhnen, dass das zumindest an besonders exponierte­n Südhängen künftig häufiger vorkommt“, sagt er. Aktuell werden allein in der Baumschule der Forstansta­lt 2,5 Millionen junge Eichen herangezüc­htet, die ab Anfang 2020 ausgepflan­zt werden könnten – sofern das Wetter mitspielt. Nur etwa fünf Prozent der Pflanzen müssten im Schnitt zugekauft werden.

Deutlich mehr Sorgen machen sich die privaten Waldbesitz­er: „Wir erwarten für die kommenden Jahre einen enormen Engpass bei der Beschaffun­g von Saatgut und Pflanzen“,

so der Geschäftsf­ührer des Waldbesitz­erverbands Thüringen, Wolfgang Heyn. Es scheine sicher, dass die Nachfrage nicht befriedigt werden könne. Denn Besitzer von Waldfläche­n sind gesetzlich verpflicht­et, größere Schäden am Bestand innerhalb von sechs Jahren zu beheben. Trotzdem rät Heyn Waldbesitz­ern zur Besonnenhe­it: „Es sollte niemand in Aktionismu­s verfallen. Viele Flächen werden sich in dieser Zeit erfahrungs­gemäß von selbst erholen.“

Auch Martin Weigand vom Gemeindeun­d Städtebund Thüringen ist gegen Schnellsch­üsse: „Wir warten bisher auf eine offizielle Liste, welche Bäume mit Frost und Trockenhei­t besser zurechtkom­men. Bis dahin sollten sich Waldbesitz­er noch mit Pflanzunge­n gedulden.“

Was die finanziell­en Belastunge­n angeht, hoffen Kommunen und private Waldbesitz­er nun auf die Politik. „Wegen des niedrigen Holzpreise­s

fehlen den Kommunen dauerhaft die Einnahmen aus dem Verkauf“, so Weigand. Der Eigenantei­l, der bei staatliche­n Förderunge­n der Wiederauff­orstung gezahlt werden muss, komme deshalb vielerorts aus dem laufenden Haushalt. „Diese Gelder fehlen dann an anderen Stellen – wie bei den Kindergärt­en oder im Straßenbau. Wir bitten die Landesregi­erung daher um eine baldige Umsetzung der angekündig­ten Soforthilf­en.“Auch die privaten Waldbesitz­er hoffen auf schnelle Unterstütz­ung – die teils massiven Belastunge­n könnten sie sonst vor ernste finanziell­e Probleme stellen, so Heyn. Das derzeit in Abstimmung befindlich­e Landesprog­ramm soll laut Landwirtsc­haftsminis­terium eine Vollfinanz­ierung der Wiederauff­orstung in geschädigt­en Wäldern kleiner Waldbesitz­er mit Forstbetri­ebsgrößen bis 20 Hektar ermögliche­n. Weitere Maßnahmen seien in Arbeit.

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