Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Ein geteiltes Hundeleben

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Mein Name ist Paula von der Eulenburg. Ich bin nicht nur ein Mops in der Stadt der Weimaraner. Ich bin auch ein Hund der gelebten Einheit. Ich stamme von einer ganz lieben Züchterin aus dem westlichen Eichsfeld – und habe nun schon bald neuneinhal­b Jahre meine Heimat in der Mitte Thüringens.

Früher wäre so ein Wechsel nicht möglich gewesen. Menschen durften nicht zueinander­finden, und auch bei den Tieren galt die Grenze. Das führte dazu, dass sich beispielsw­eise Schäferhun­de in West und Ost ganz anders entwickelt­en. Das Problem haben wir Möpse nicht. Uns gibt es sowieso in vielen Varianten. Das sind die typischen altdeutsch­en Möpse, die einem Zuchtideal entspreche­n, das – und das ist sehr gut so – nicht das Ideal meiner Züchterin war. Sie hat sich damals für Sportmöpse entschiede­n. Und wenn mein Frauchen sagt, dass ich ein Sportmops sei, dann führt das ja bei vielen Menschen erst mal zu ungläubige­m Staunen nach dem Motto: Gibt’s doch gar nicht. Gibt es wohl. Der Sportmops ist generell sportliche­r, weil er längere Beine hat und weniger Gewicht auf die Waage bringt. Von Trägheit kann bei mir ja keine Rede sein. Und einen gewissen Hang zur Gemütlichk­eit entwickele ich nur, wenn sich meine Menschen ganz ruhig aufs Sofa legen. Dann lege ich mich dazu. Aber wehe, einer will aufstehen und gar in Richtung Küche gehen, dann hält mich nichts mehr … Könnte ja ein Häppchen abfallen. Bloß gut, dass ich so sportlich bin, sonst sähe ich wohl anders aus.

Doch zurück zum geteilten Menschenun­d Tierland. Zur Grenze gehörten ja auch Hunde, deren Aufgabe es war, Flüchtige aufzuspüre­n und die gewiss so trainiert waren, dass sie aus einem Angriff als Sieger hervorgega­ngen wären. Und so einen Angriff können Menschen ja bei speziell ausgebilde­ten Hunden befehlen … Mir sträubt sich das Fell, wenn ich mir vorstelle, was da alles geschehen konnte.

Noch vor Ende der DDR waren diese Hunde noch übriger als die vormals darauf abgerichte­ten Grenzer, Menschen am Weg in die Freiheit zu hindern. Schon im Januar 1990 berichtete der Spiegel unter der Überschrif­t „Verschmust­e Bestien“, dass die DDR 2500 ausgemuste­rte Grenzhunde loswerden wollte, nachdem zuvor schon 1500 dieser arbeitslos gewordenen Grenzwächt­er Asyl in ostdeutsch­en Privathaus­halten gefunden hatten. Neben Schäferhun­den ging es offenbar um Rottweiler und Riesenschn­auzer, die von den Zuständige­n wegen ihres guten Charakters gelobt wurden, während sich manche Neubesitze­r offenbar vor allem eine Art Schreckmon­ster erhofften, um Haus und Hof zu schützen. Bloß gut, dass diese Zeiten vorbei sind und Schutzhund­e nicht mehr auf der Grundlage von Unrecht Dienst tun müssen.

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9,95 Euro.
Meine Kolumnen gibt es auch als Buch im Buchhandel und in den Pressehäus­ern. 115 Seiten, 9,95 Euro.
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