Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Schädliche Bildschirmzeit
Studie: Medienkonsum beeinflusst das kindliche Hirn. Besonders die Sprache leidet
Dass zu viel Zeit vor Bildschirmen gerade für kleinere Kinder schädlich sein kann, ist bekannt. Nun gibt eine Studie weitere Hinweise darauf, wie sich der Medienkonsum auf das junge Gehirn auswirkt. Mediziner berichten im Fachmagazin „JAMA Pediatrics“von strukturellen Unterschieden in bestimmten Hirnregionen bei Kindern, die besonders viel Zeit vor Bildschirmen verbringen. Das wirke sich auf ihre sprachlichen Fähigkeiten aus.
Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler des Cincinnati Children’s Hospital Medical Center 47 Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren untersucht. Zunächst wurde erfasst, wie viel Zeit sie vor Bildschirmen verbrachten. Anschließend wurden die Kinder kognitiven Tests unterzogen, zudem wurden Aufnahmen ihrer Gehirne gemacht. Bei den Kindern mit mehr Bildschirmzeit war die sogenannte weiße Substanz im Hirn verändert. Sie besteht aus Nervenfasern, die einzelne Hirnregionen verbinden und deren kommunikativen Austausch regeln. Die Mediziner beobachteten vor allem eine Wirkung auf jene Areale, die die Entwicklung von Sprache unterstützen. Damit verbunden sind bildliche und kognitive Fähigkeiten, mentale Kontrolle und Selbstbestimmung. „Das Netzwerk, das die Sprachareale
miteinander verbindet, war weniger dicht – vereinfacht könnte man davon sprechen, dass die Leitungsgeschwindigkeit der großen Datenautobahnen im Gehirn verringert war“, erklärt Martin Korte von der TU Braunschweig, der nicht an der Studie beteiligt war.
Passend dazu schnitten die betroffenen Kinder schlechter in sprachlichen Tests ab. „Diese Studie wirft die Frage auf, ob zumindest einige Aspekte der bildschirmbasierten Mediennutzung in der frühen Kindheit zu einer suboptimalen Stimulation während dieses prägenden Stadiums der Gehirnentwicklung führen können“, gibt Hauptautor John Hutton zu bedenken.
„Das Hauptproblem ist in meinen Augen, dass Kinder, die viel Zeit vor Bildschirmen verbringen, weniger sprechen und weniger dem Sprechen anderer lauschen“, sagt Korte.
Christian Montag, Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie an der Universität Ulm, der ebenfalls nicht an der Studie beteiligt war, plädiert für mehr Forschung. „Da in diesem wichtigen Bereich aufgrund der eher dürftigen Studienlage immer noch viel spekuliert wird, sind Studien wie die vorliegende Arbeit bedeutsam“, erklärt er. Neurobiologe Korte unterstreicht: „Die Ergebnisse sollten sehr ernst genommen werden – auch wenn noch unklar ist, ob die beobachteten Schäden bleibend sind.“