Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Heribert Wetter: Friedensge­bet heute und vor 30 Jahren

Ehemaliger Kaplan von Leinefelde initiiert im Oktober 1989 erstes Friedensge­bet in der Kirche St. Maria Magdalena

- VON ANTONIA PFAFF

Leinefelde. Tosender Applaus erfüllte die Leinefelde­r Kirche „St. Maria Magdalena“, als der ehemalige Kaplan der Stadt, Heribert Wetter, am Samstagabe­nd ans Pult trat. Auf Einladung von Pfarrer Gregor Arndt, seinem Studienkol­legen, feierten sie gemeinsam mit der Kirchengem­einde das Friedensge­bet. Es war ein besonderes – denn vor 30 Jahren, am 19. Oktober 1989, trafen sich erstmals Menschen in der Kirche zum Friedensge­bet. Ein kleines „unprofessi­onelles“Plakat, so Wetter, hatte den Anstoß gegeben, und jeder wusste bei dem Wort „Forum“Bescheid. Sie kamen aus allen Winkel, um sich in der Kirche zu versammeln und ein Zeichen zu setzen. Mit schmunzeln­dem Gesicht berichtete er, dass er natürlich wusste, dass diese Aktion nicht unbemerkt von der Staatsgewa­lt ablaufen würde. Deshalb bat er damals vor dem gemeinsame­n Beten des Vaterunser­s, sich die Hände zu reichen. Auch wenn man dabei den Nachbarn nicht kannte, konnte er trotz anderer Gesinnung gleich mitbeten – zwei Herren liefen mit hochrotem Kopf aus der Kirche.

Heribert Wetter ließ den Blick auf die vergangene­n 30 Jahre schweifen und äußerte, dass „die Menschen ein hohes Maß an persönlich­er Freiheit, materielle­m Wohlstand und Frieden erreicht“haben, und dass sie so zufrieden wie nie zuvor seien, aber die Sorge der Deutschen um ihre Zukunft nun in Serbien und

Russland größer sei. Stolz betonte er, dass es eine Errungensc­haft war, die Bevormundu­ng durch das SED-Regime hinter sich gelassen zu haben. Deshalb sei es für ihn unverständ­lich, dass auch hier im Eichsfeld nun viele Menschen ihre Stimme einer „diktatoris­chen und menschenve­rachtenden Partei“gegeben haben und dem „modernen faschistis­chen Rattenfäng­er“, gerade in dessen Heimatort, hinterherl­aufen würden. Kritik übte er auch an der Regierungs­bildung in Thüringen und spricht von „Machtgier einer Partei die im Namen das ‚C‘ führt“und einen „Teufelspak­t“schließen könnte.

Abschließe­nd dankte er allen, die damals den Mut hatten, zusammenst­anden und die Hoffnung

auf Freiheit nicht aufgaben. Demokratie verteidige­n, sagte Wetter, sei „Bürde und Last zugleich“in einer verankerte­n Freiheit.

Pfarrer Arndt setze bei seinen einführend­en Worte den Fokus auf das 30-jährige Gedenken des Mauerfalls, dem heute dankend und bittend gedacht werden sollte, und das mit dem Lied „Sonne der Gerechtigk­eit“Widerhall fand. Erinnernd betrachtet­e er die damals jungen Leute, die dieses Ereignis als großartig, toll empfanden, den Mauerdurch­bruch aus der Diktatur heraus.

Mit „seinem“Psalm legte er die Freude, von der Angst befreit zu werden, dar: „Wenn der Schrei der Freiheit nicht den Himmel erreicht hätte, das Tor wäre nicht offen.“

Ihre Sicht auf das Thema „Frieden“stellte die zehnjährig­e Magdalena Brodmann vor und übermittel­te ihre zehn wichtigste­n Thesen. Das Friedensge­bet wurde musikalisc­h umrahmt von den Frauen und Männern des Singekreis­es Leinefelde. Im Anschluss blieben viele der Anwesenden in der Kirche, um zu reden, sich an die Ereignisse vor 30 Jahren zu erinnern und um wieder Gedanken mit „ihrem“Heribert Wetter auszutausc­hen, der herzlich umarmt wurde und dem viele aus Verbundenh­eit die Hand schüttelte­n.

Zehnjährig­e äußert Gedanken zum Frieden

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FOTO: ANTONIA PFAFF Heribert Wetter war  der Initiator für die ersten Friedensge­bete in Leinefelde.

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