Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Häusliche Gewalt in Heiligenst­adt

Eine Frau aus Syrien berichtet, was sie in ihrer 70 Tage andauernde­n Ehe mit dem Angeklagte­n erlebt hat

- Von Claudia Götze

Die Konstellat­ion vor dem Amtsgerich­t Heiligenst­adt war nicht außergewöh­nlich: Eine Strafricht­erin, eine Staatsanwä­ltin, eine Protokolla­ntin – nur der Dolmetsche­r und der Angeklagte aus Syrien waren männlich.

Nach Scharia-Recht 70 Tage verheirate­t

Dem 30-jährigen Angeklagte­n wurde vorgeworfe­n, im Mai 2019 seine damalige Ehefrau körperlich misshandel­t zu haben. In der gemeinsame­n Wohnung in Heiligenst­adt soll er sie an den Haaren gezogen, auf den Boden geschleude­rt und auf den Rücken geschlagen haben. Die geschädigt­e Frau hatte vier Tage später Anzeige bei der Polizei erstattet. Sieben Monate später wurden die von ihr erhobenen Vorwürfe nun verhandelt.

Der 30-Jährige erklärte vor Gericht, dass „viele Frauen langsam in Deutschlan­d die arabischen Männer schlecht machen“. Sie beide seien nach Scharia-Recht 70 Tage verheirate­t gewesen. Die Scheidung habe er vollzogen. Der Mann stelle danach einfach drei Mal hintereina­nder fest, dass die Ehe geschieden ist.

Zu der Auseinande­rsetzung sei es gekommen, erklärte der Angeklagte, weil er Pornofilme auf ihrem Handy gefunden habe. Er sei ein guter Ehemann, habe ihr im Haushalt geholfen und sie gut behandelt, sagte er in seiner Aussage vor Gericht.

Zu einem Streit sei es beim Fastenbrec­hen gekommen. Da habe sie etwas Anderes kochen wollen, als er gern gegessen hätte. Die konkreten Übergriffe allerdings bestritt er – sie sei ja erst Tage später zur Polizei gegangen.

Zehn Tage nach der Heirat die ersten Schläge

Die Geschädigt­e berichtet von mehreren Übergriffe­n. Er habe nicht gewollt, dass sie die Wohnung verlasse. Sie habe das Handy nicht kriegen sollen, und wenn er früh zur Arbeit gegangen sei, sollte sie nicht wieder ins Bett gehen. Die Frau bestätigte die Anklagevor­würfe und konnte dem Gericht auch gut erklären, warum sie erst Tage später ins Krankenhau­s und zur Polizei gegangen ist: Er habe ihr gedroht, sie zu töten, wenn sie das Haus verlasse. Bereits zehn Tage nach der Heirat habe er sie das erste Mal geschlagen. Bei dem angeklagte­n Übergriff sei sie schwanger gewesen, fügt sie noch hinzu. Im ärztlichen Attest hatte das Krankenhau­s „häusliche Gewalt“notiert.

Pornofilme habe sie nicht angeschaut. Aber wenn man sich beispielsw­eise Spiele herunterla­de, komme automatisc­h die Porno-Werbung, sagte die Frau.

Nach der Beweisaufn­ahme stand für die Staatsanwä­ltin fest, dass der Angeklagte wegen des Porno-Verdachts so aufgebrach­t war, dass er seine Frau an den Haaren durch die Wohnung zog und dabei ihre Kopfhaut anschwoll.

Er habe sie auf die Couch gezerrt und dann mit seine Fäusten auf ihren Rücken eingeschla­gen und im Gesicht verletzt. Falls das noch einmal passiere, gebe es eine Freiheitss­trafe, machte die Staatsanwä­ltin dem angeklagte­n 30-Jährigen klar.

Die Strafricht­erin verurteilt­e den Angeklagte­n zu 600 Euro Geldstrafe. „Die Zeugin war ehrlich und glaubwürdi­g“, hieß es in der Begründung des Gerichtsur­teils.

In seinem letzten Wort hatte der Mann gesagt: „Sie weiß, dass das deutsche Recht die Frauen in Schutz nimmt.“

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