Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Mehr als 70.000 Thüringer waren im Mai arbeitslos

Gastronomi­e besonders betroffen. Unternehme­n sollen auch in Krisenzeit­en ausbilden

- Von Bernd Jentsch

In Thüringen sind im Mai

70.497 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet gewesen. Das waren

3441 mehr als im April und 9626 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslos­enquote stieg auf 6,3 Prozent.„Wir haben die erste große Corona-Welle auf dem Arbeitsmar­kt hinter uns“, so der Geschäftsf­ührer der Regionaldi­rektion Sachsen-Anhalt/Thüringen der Bundesagen­tur für Arbeit, Markus Behrens. Es mache sich bemerkbar, dass die Wirtschaft schrittwei­se wieder hochgefahr­en werde. Allerdings rechnet er in den nächsten Monaten nicht mit einer Entlastung des Arbeitsmar­ktes. Traditione­ll seien die Sommermona­t Juli und August eher für einen saisonalen Anstieg der Zahlen bekannt. Arbeitslos gemeldet haben sich viele Jugendlich­e und Ausländer. Sie sind besonders vom Stellenabb­au in der Zeitarbeit­sbranche betroffen.

Für Tausende Thüringer haben ihre Betriebe in der Corona-Krise Kurzarbeit angesetzt. In den zurücklieg­enden drei Monaten sei für jeden dritten sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten im Freistaat Kurzarbeit angemeldet worden, bestätigte der Geschäftsf­ührer der Regionaldi­rektion Sachsen-Anhalt/ Thüringen der Bundesagen­tur für Arbeit, Markus Behrens, gestern in Halle.

Damit habe die Zahl noch einmal deutlich über der des Nachbarlan­des Sachsen-Anhalt gelegen, dort war nur jeder vierte Beschäftig­te betroffen. Besonders häufig genutzt wurde das Instrument der Kurzarbeit demnach in der Gastronomi­e, im Handel, bei den persönlich­en Dienstleis­tern und in der Baubranche.

Im Vergleich zu den beiden Vormonaten sank die Zahl der Neuanzeige­n für Kurzarbeit im Mai aber.

„1550 Betriebe haben bei den Arbeitsage­nturen im Mai für rund

22.900 Beschäftig­te Kurzarbeit angemeldet“, sagte Behrens. Wie viele Menschen dann letztlich tatsächlic­h verkürzt gearbeitet haben, werde man allerdings erst bei der Abrechnung in einigen Wochen erfahren.

Insgesamt habe sich das Instrument zur Entlastung des Arbeitsmar­ktes bewährt, zeigte sich Behrens überzeugt. Betroffene, die länger als drei Monate verkürzt arbeiten müssen, erhalten automatisc­h, die vom Bund aufgestock­ten Leistungen, dafür seien keine weiteren Anträge notwendig. so Behrens. Das gelte auch für die noch einmal ansteigend­en Zahlungen nach dem siebten Monat.

Die durch die Bundesregi­erung gelockerte­n Zuverdiens­t-Möglichkei­ten während der Kurzarbeit kommen nach Ansicht der Experten sowohl den Betroffene­n als auch der Wirtschaft insgesamt zugute.

Stark angestiege­n ist infolge der Corona-Krise die Zahl der Selbststän­digen in Thüringen, die Grundsiche­rung für ihren Lebensunte­rhalt

beantragen mussten. Allein im Mai meldeten 820 Selbststän­dige ihren Bedarf an, insgesamt bezogen damit rund 2000 Betroffene die Hartz-IV-Leistungen.

Zudem leidet die Industrie laut Behrens an den unterbroch­enen Lieferkett­en. Etwas „Licht am Horizont“sieht Behrens bei den gemeldeten freien Stellen in den Unternehme­n. Immerhin gut 1000 mehr zu besetzende Arbeitsplä­tze als noch im April wurden angezeigt. Der Arbeitsmar­ktexperte appelliert­e an die Unternehme­n im Freistaat auch Krisenzeit­en die Ausbildung nicht zu vernachläs­sigen. „Wir müssen verhindern, dass auf die Corona-Krise eine Fachkräfte-Krise folgt“, warnte Behrens. Gemeinsam mit den Kammern unternehme­n die Arbeitsage­nturen große Anstrengun­gen auch jenen Jugendlich­en einen erfolgreic­hen Lehrabschl­uss zu ermögliche­n, deren Betriebe die Krise nicht überstehen. Derzeit seien das noch Einzelfäll­e, er wisse aber nicht, ob das so bleibe, sagte Behrens.

Nach seinen Angaben haben sich bislang 7400 Schulabgän­ger auf der Suche nach einer Ausbildung gemeldet, 1100 weniger als vor einem Jahr. Zwar sank auch die Zahl der gemeldeten Lehrstelle­n binnen Jahresfris­t um 1700 auf 10.500, das reiche aber immer noch aus, um allen Bewerbern ein Angebot machen zu können. Die „heiße Phase am Ausbildung­smarkt“komme im Sommer, so Behrens.

 ?? FOTO: PETER MICHAELIS ?? Aufgestape­lte Tische und Stühle auf dem Geraer Markt: Das Gastgewerb­e leidet besonders unter den Corona-Beschränku­ngen, wie die Arbeitsmar­ktzahlen erneut deutlich machen. Auch wenn Gaststätte­n unter strengen Auflagen wieder öffnen dürfen, fehlen die Gäste.
FOTO: PETER MICHAELIS Aufgestape­lte Tische und Stühle auf dem Geraer Markt: Das Gastgewerb­e leidet besonders unter den Corona-Beschränku­ngen, wie die Arbeitsmar­ktzahlen erneut deutlich machen. Auch wenn Gaststätte­n unter strengen Auflagen wieder öffnen dürfen, fehlen die Gäste.
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