Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Mittendrin im Thüringer Dialekt-Mischmasch

In „Tratsch vun frieher und itze“erzählt Sieglinde Mörtel unterhalts­ame Heimatgesc­hichten

- Von Ulf Annel

Da liegt aufgeschla­gen ein Buch. Ein Mann schaut auf die linke Seite und fragt: „Wasndas?“Was ist denn das? Die Antwort ist einfach. Es ist Dialekt, so geschriebe­n wie gesprochen. Das Buch hat den Titel „TRATSCH vun frieher un itze“. Das großbuchst­abige Wort ist sofort verständli­ch, der Rest entschlüss­elbar. Es wird der Leserschaf­t auch sonst leicht gemacht, denn dies ist ein zweisprach­iges Buch: links die Mundart, die zwischen Saale, Orla, Ilm und Roda gesprochen wurde, aber immer weniger gesprochen wird, rechts Hochdeutsc­h. Autorin Sieglinde Mörtel ist dort aufgewachs­en, mittendrin im Dialekt-Mischmasch – denn ihr Heimatdorf liegt auf der Grenze dreier Thüringer Sprachgebi­ete.

In Mörtels Kinderwört­er und -sätze fügte sich zudem väterliche­s Erfurtsch. Leises Lesen des Buches empfiehlt sich rechts, links hilft lautes Vorlesen (oder man besucht, wenn es wieder möglich ist, eine der sehr unterhalts­amen Lesungen der

Autorin). Die Geschichte­n, die Sieglinde Mörtel erzählt, sind in bester Manier unterhalts­ame Heimatgesc­hichten.

Selbst in Hochdeutsc­h lugt sprachlich das Hiesige immer wieder durch, wenn von Kabuff, Lumischen und Purzelkorb die Rede ist. Manche Wörter, vor allem die Ausgestorb­enes bezeichnen (zum Beispiel Konsum und Jugendtanz, ABV und Kuba-Orange), werden im Anhang erklärt. Wer das aber gleich weiß und auch was es bedeutet,

„einen Flitz im Kopf zu haben“, der ist klar im Vorteil. Ohne trotzig mit dem Fuß aufzutrete­n, wird über das normale Leben in einem Land er- zählt, in dem glücklich zu leben kein Unrecht war. Und es wird ver- glichen: damals und heute.

Nicht immer fällt der Vergleich zugunsten des „itze“aus. Obwohl durchaus Fortschrit­t zu bemerken ist, sogar im dörflichen Bereich, wo früher Misthaufen gesprengt wur- den. Wer es genauer wissen möchte, lese Sieglinde Mörtels Buch.

Sieglinde Mörtel: Tratsch vun frieher un itze. Welkenverl­ag Jena, 128 S., 16 Euro

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