Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Wumms mit Zweifeln
Nach 21 Stunden, verteilt auf zwei Tage, stieg endlich weißer Rauch über dem Kanzleramt auf. Habemus Konjunkturpaket!
130 Milliarden Euro. Das ist eine Ansage. Oder ein „Wumms“, wie Finanzminister Olaf Scholz das nannte.
Die Koalition holt zum zweiten Mal seit Ausbruch der Corona-Pandemie die „Bazooka“heraus. Sie feuert Geld aus allen Rohren, in der Hoffnung, Deutschland vor einer langen und tiefen Rezession zu bewahren. Nichtstun ist keine Alternative. In der Krise sind alle Keynesianer.
Die bis Jahresende befristete Mehrwertsteuersenkung ist ein Überraschungscoup. Alle Verbraucher sollen parallel zu den Lockerungen im öffentlichen Leben wieder Lust am Geldausgeben bekommen.
Hört sich gut an. Doch Zweifel sind angebracht. Zieht es über sieben Millionen Kurzarbeiter mit Angst um den Job wirklich in die Shoppingmeilen? Wird der Handel die reduzierten Umsatzsteuerbeträge fair in Preissenkungen stecken? Tatsächlich könnte die 20-Milliarden-Steuersenkung eher in Unternehmenskassen und weniger in den Taschen der Deutschen landen.
Gut gemeint sind der Familienbonus von 300 Euro pro Kind, Steuererleichterungen für Alleinerziehende, zusätzliche Milliarden für Schulen, Kitas und Digitales. Damit bekommt das Paket eine soziale Note.
Applaus hat die Koalition dafür verdient, dass sie dem mächtigen Druck der Autolobby für eine neue Abwrackprämie nicht nachgegeben hat. Union und SPD haben aus ihren Fehlern beim Klimapaket gelernt, das sie mit einem lächerlich niedrigen CO2-Einstiegspreis zunächst vermurkst hatten. Steuerzahlergeld für Verbrenner, während sich die Milliardärsfamilien Piëch, Porsche und Quandt satte Dividenden gönnen? Die Koalition hat rechtzeitig von Auto-Pilot auf Vernunft geschaltet.