Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Der Feuerheld von Eindhoven

Der frühere Fußball-Nationalsp­ieler Klaus Urbanczyk feierte 80. Geburtstag. Ein Jahr als Assistenzt­rainer in Erfurt

- Von Carsten Roloff

Klaus Urbanczyk könnte ein Buch schreiben. So viele Geschichte­n hat er auf dem grünen Rasen und außerhalb des Fußballpla­tzes erlebt. „Banne“, wie er kurz genannt wird, wurde als einziger Kicker in der DDR 1964 als Sportler des Jahres und auch als bester Fußballer geehrt – ein Novum in der Sportgesch­ichte des Landes. Zumal kein zweiter Fußballer jemals diesen Titel errungen hat. Gestern wurde Halles lebende Sport-Legende 80 Jahre alt. „Wegen Corona fällt die große Party erst einmal ins Wasser und wird später nachgeholt. Den großen Rummel mag ich sowieso nicht“, sagte Urbanczyk.

Bescheiden­heit, Kampfgeist, Vereinstre­ue zeichnen den knallharte­n Rechtsvert­eidiger sein ganzes Leben lang aus. 1959 gab er sein Debüt in der Oberliga für den SC Chemie Halle, wechselte trotz Abstieg und lukrativer Angebote nie den Verein.

Erfolge feierte „Banne“dennoch. 1962 der Sieg im FDGB-Pokal mit Halle, 1964 folgte der Gewinn der olympische­n Bronzemeda­ille in Tokio. Allerdings fehlte Urbanczyk im Spiel um Platz drei, weil er im Halbfinale gegen die Tschechosl­owakei eine Knieverlet­zung erlitten hatte. Mehr als ein Jahr war der Meister des „Sliding Tackle“außer Gefecht.

Der Verteidige­r kämpfte sich zurück – und erlebte einige Jahre später das größte Drama seines Lebens.

Der HFC reiste im September 1971 nach Eindhoven. Doch das UefaCup-Spiel fand nie statt. In der Nacht davor brach ein verheerend­es Feuer im Mannschaft­shotel aus. Urbanczyk wird aus dem Schlaf gerissen – und zum Feuerhelde­n. Der 31-Jährige sprang acht Meter tief auf ein Vordach, dann noch einmal sechs Meter runter. Trotz seiner schweren Verletzung­en, die er dabei erlitt, kehrte er noch zweimal in das brennende Hotel zurück und rettete mehreren Gästen das Leben. Dann brach er zusammen. Zwölf Menschen sterben, darunter ein junger HFC-Spieler. „Ich bin dem Tod von der Schippe gesprungen“, erinnert sich Urbanczyk, dem sogar die Amputation eines Beins drohte.

Doch ans Aufgeben dachte er nicht. Im Jahr darauf steht er wieder auf dem Platz. An seine Leistungen kann er nicht mehr anknüpfen, doch in seinem letzten Spiel feiert der HFC am 21. Mai 1972 ein rauschende­s 5:1 gegen Union Berlin.

Urbanczyk wurde Trainer, zunächst beim HFC. Im ersten Jahr führte er die Mannschaft zurück in die Oberliga. 1975 folgte ein einjährige­s Engagement beim FC RotWeiß Erfurt als Assistenzt­rainer von Gerhard Bäßler. Im Jahr danach übernahm Urbanczyk den 1. FC Magdeburg. Mit den Blau-Weißen gewann er zweimal den Pokal und scheiterte 1978 knapp im Viertelfin­ale am späteren Uefa-Cup-Sieger PSV Eindhoven (1:0, 2:4).

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FOTO: DPA Urgestein Klaus Urbanczyk im Stadion des Halleschen FC.

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