Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Wie eine Richterin die Polizei zu einer Leiche lotst

Gerichtsbe­richt Landgerich­t Gera verhandelt das Tötungsver­brechen an einem 52-Jährigen in Altenburg

- Von Tino Zippel

Gera. „Es gab zu viele Details, die dafürsprac­hen, dem nachzugehe­n.“Sagt eine Richterin des Amtsgerich­tes Altenburg, die am Mittwoch selbst als Zeugin in einem Mordfall beim Landgerich­t Gera auftrat. Sie hatte die Polizei auf die Spur der Leiche gebracht.

Wie ist ihr das gelungen? Die 34Jährige berichtet, dass sich ein Bekannter telefonisc­h bei ihrem Mann gemeldet und um ein Treffen gebeten habe. Weil die Richterin mit ihrem Mann gerade bei einer Faschingsv­eranstaltu­ng in Apolda war, verabredet­e sie einen späteren Termin. Beim Treff offenbarte der Bekannte, dass er Kenntnis von einem schweren Verbrechen erlangt habe, was ihn sehr belaste. Da er selbst schon einmal wegen Totschlags verurteilt worden sei und zudem Angst vor dem Täter habe, habe er sich nicht getraut, die Polizei zu informiere­n. Ein Versuch eines anonymen Hinweises an die

Polizei sei gescheiter­t, weil gleich nach dem Namen gefragt wurde.

Also berichtete er der Richterin vom Gespräch mit einem Bekannten. Jener habe ihm offenbart, „einen Kinderfick­er platt gemacht zu haben“, und Details zum Tötungsver­brechen in Altenburg geschilder­t. „Das klang wie aus einem Film oder Computersp­iel“, sagt die Richterin, die bei der Polizei anrief und darum bat, die Adresse zu ermitteln und dort zu kontrollie­ren, ob ein Bewohner vermisst werde. Zunächst hätte die Polizei zögerlich reagiert. „Bei einem so schwerwieg­enden Verdacht war es mir aber wichtig, das abzuklären“, sagt die Frau. „Eine dreivierte­l Stunde später bekam ich einen bedröppelt­en

Anruf, dass eine Leiche gefunden worden sei.“Der Hinweis brachte die Ermittlung­en in Gang, die zur Anklage des 19-Jährigen führte, der sich im Gespräch mit dem Zeugen der Tat gerühmt hatte. Zudem wird noch einem 24-jährigen Nachbarn des Opfers gemeinscha­ftlicher Mord vorgeworfe­n. Beide Angeklagte­n belasten sich gegenseiti­g.

Der Jüngere hatte beim Prozess am Landgerich­t behauptet, dass der Ältere gegenüber der Gefängnisp­sychologin sogar ein Geständnis abgelegt habe. Dem widerspric­ht die Psychologi­n im Gerichtssa­al. Der Ältere habe dem Jüngeren nur Grüße ausrichten lassen und die Hoffnung geäußert, dass jener ihm irgendwann wieder vertrauen kann.

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FOTO: TINO ZIPPEL Der 19-jährige Angeklagte im Verhandlun­gssaal.

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